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Kündigungsrecht des Vermieters bei Vermüllung der Mietwohnung

Mit Urteil vom 18.07.2018 – veröffentlicht am 05.10.2018 – Aktenzeichen 416 C 5897/18 hat das Amtsgericht München entschieden, dass der Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigt ist, wenn der Mieter die Wohnung vermüllen lässt.

 

Sachverhalt:

Der Entscheidung lag ein seit 1996 bestehendes Mietverhältnis über eine Dachgeschosswohnung nebst Kellerabteil in München zugrunde. Aufgrund von Beschwerden der Nachbarmieter über Unrat und starkem Geruch fand im Januar 2018 eine Besichtigung der Dachgeschosswohnung statt. Bei dieser wurde festgestellt, dass die Wohnung völlig vermüllt und verdreckt war. So waren beispielsweise Müll, Papier und Schutt knöcheltief auf dem Boden im Flur verstreut, es lagen angebrochene Katzenfutterdosen herum, an der Decke befanden sich zahlreiche Insektennester. Das Schlafzimmer konnte aufgrund des vielen Mülls und Papiers nicht betreten werden und die Decke war übersät mit Spinnweben. Dieser Zustand war zum Teil auch im Wohnzimmer festzustellen. Die Küche war ebenfalls erheblich vermüllt. Zudem lief fortlaufend Wasser aus dem Wasserhahn ins randvoll zugestellte und verdreckte Spülbecken. Die Arbeitsplatte war bereits derart durchfeuchtet, dass sie teilweise eingebrochen war und sich Schimmelschäden zeigten. Das Badezimmer war ebenfalls völlig vermüllt und verdreckt. Der Parkettfußboden war in der gesamten Wohnung verschmutzt und teilweise durchnässt, sodass sich bereits Durchfeuchtungserscheinungen in der darunterliegenden Wohnung zeigten. Durch den Unrat auf dem Balkon hielten sich dort zahlreiche Tauben auf.

Die Vermieterin erklärte aufgrund des vorgefundenen Wohnungszustandes der Mieterin die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung, mit der Begründung, die Fortsetzung des Mietverhältnisses sei ihr nicht zumutbar. Zudem bestünden Schäden an der Substanz der Mietsache und der Hausfrieden sei nachhaltig gestört. Auch hätte die Hausgemeinschaft Ansprüche gegen sie als Vermieterin wegen der Geruchsbelästigung und der entstandenen Wasserschäden. Die beklagte Mieterin vertrat demgegenüber die Ansicht, dass es ihr gutes Recht sei, wenn sich die Mietwohnung in Unordnung befände. Zudem sei die Wohnung (Tapeten, Fußboden, etc.) 34 Jahre alt und würde sich in einem entsprechend abgewohnten Zustand befinden. Die Haftung für den Wasserschaden erkenne sie zwar an, einem Sachverständigen gewähre sie zur Abklärung der Wasserschäden jedoch keinen Zutritt zur Wohnung.

 

Die Entscheidung des Amtsgerichts München:

Das Amtsgericht München hat der Räumungsklage vollständig stattgegeben ohne der Beklagten eine Räumungsfrist einzuräumen. So halte die fristlose Kündigung einer Interessenabwägung stand. Zwar läge ein langjähriges Mietverhältnis vor und auch die Suche nach einer Ersatzwohnung sei in München schwierig. Es gebe jedoch begründete Zweifel daran, dass die Beklagte allein in der Lage sei, den Müll und die Beschädigungen in der Wohnung zu beseitigen. Im Übrigen spreche gegen die Beklagte und die Fortsetzung des Mietverhältnisses die über eine lange Zeit aufrechterhaltene nachhaltige Vertragsverletzung, die Verschlimmerungsgefahr der bereits vorhandenen Substanzschäden und die Uneinsichtigkeit der Beklagten. Zudem sei der Hausfrieden nachhaltig gestört und es stünden Minderungsansprüche der übrigen Mieter gegenüber der Vermieterin im Raum.

 

Praxishinweise:

Anhand der vorgenannten Entscheidung wird deutlich, dass auch bei scheinbar eindeutigen Sachverhalten, wie dem Vermüllen und Verwahrlosen einer Wohnung, das Kündigungsrecht des Vermieters nicht unproblematisch gegeben ist, sondern jeder Einzelfall stets einer umfassenden Interessenabwägung bedarf. Die Voraussetzungen für eine rechtmäßige Kündigung sind auch in Fällen, wie dem Vorliegenden, erheblich. Ein Kündigungsgrund kann in der Regel nur dann bejaht werden, wenn durch die Verwahrlosung und Vermüllung der Wohnung nachweisbar eine konkret erhebliche Gefahr für das Mietobjekt besteht und/oder das Verhalten des Mieters Außenwirkung hat. Dies heißt, dass ein Vermüllenlassen der Wohnung grundsätzlich erst dann eine Kündigung rechtfertigen kann, wenn die übrigen Mieter durch die von der Wohnung ausgehenden Gerüche, Ungeziefer oder sonstige Außenwirkungen regelmäßig gestört werden, mithin eine nachhaltige Störung des Hausfriedens vorliegt und/oder die Bausubstanz der Mietsache konkret nachweisbar gefährdet ist. Grundsätzlich ist auch hier vor dem Ausspruch einer Kündigung stets eine Abmahnung bzw. das Setzen einer angemessenen Frist zur Abhilfe gegenüber dem betroffenen Mieter notwendig.

 

Eva-Maria Kreis
Rechtsanwältin

Aktuelle Information Nr. 49/2018

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz