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Veröffentlichung des Sächsischen Betreuungs-und Wohnqualitätsgesetzes

Im Sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt vom 11.08.2012, Ausgabe 12/2012, Seite 397, (http://www.sachsen-gesetze.de/shop/saechsgvbl/2012/12/read_pdf) wurde das Gesetz zur Regelung der Betreuungs- und Wohnqualität im Alter, bei Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Freistaat Sachsen (Sächsisches Betreuungs-und Wohnqualitätsgesetz vom 12.07.2012) veröffentlicht, das in Sachsen nunmehr das bislang geltende Heimgesetz ablöst.

Das Gesetz regelt die Rechte der Nutzer und Pflichten der Betreiber stationärer Einrichtungen im Freistaat Sachsen, die pflegebedürftigen Personen Wohnraum vermieten sowie Pflege- und Betreuungsleistungen und Verpflegung zur Verfügung stellen oder vorhalten, im Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden. Interessant für die Sächsischen Vermieter sind folgende drei Ausnahmen vom Anwendungsbereich:

1. Betreutes Wohnen

Nach § 2 Absatz 3 findet das Gesetz keine Anwendung auf das Betreute Wohnen, wenn

  • Mieter oder Käufer vertraglich lediglich zur Abnahme allgemeiner Unterstützungsleistungen, wie Notrufdienste, Vermittlung von Pflege – du Betreuungsleistungen, Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung von bestimmten Anbietern verpflichten und
  • die darüber hinausgehenden Pflege- und Betreuungsleistungen von den Bewohnern frei wählbar sind.

„Betreutes Wohnen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Wohnform, bei der Vermieter oder Verkäufer von abgeschlossenen Wohnungen durch Verträge mit Dritten oder auf andere Weise sicherstellen, dass den Mietern oder Käufern neben der Überlassung des Wohnraums allgemeine Unterstützungsleistungen angeboten werden.“, vgl. § 2 III S. 2 SächsBeWoG.

Aus der Gesetzesbegründung geht hervor, dass nicht entscheidend ist, ob der Vermieter selbst die Leistungen anbietet oder welche Verträge dem zugrunde liegen.

„Die Vermietung von einzelnen Zimmern innerhalb einer Wohnung stellt in der Regel eine heimmäßige Unterbringung dar. Wer lediglich ein Zimmer in einer größeren Wohneinheit gemietet hat, muss sich den Regeln dieser Einheit anpassen und ist deutlich weniger selbständig und unabhängig als derjenige, der über eine abgeschlossene Wohnung verfügt und sich in dieser gegebenenfalls selbst versorgen kann“, Gesetzesbegründung S. 3, Landtagsdrucksache 5/6427 (http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=6427&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=1).

 

2. Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige

Auf Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige (auch Demente) findet das Gesetz gemäß § 2 Absatz 5 SächsBeWoG keine Anwendung, wenn diese von Dritten unabhängig sind, d.h. wenn die Mitglieder alle Angelegenheiten der Wohngemeinschaft in einer Auftraggebergemeinschaft selbst regeln und die Wahlfreiheit bezüglich der Betreuungsleistungen nicht beschränkt wird. Sofern Vermieter und Pflegedienstleister identisch oder rechtlich oder tatsächlich miteinander verbunden sind, liegt eine Beschränkung im vorbezeichneten Sinne vor.

Unabhängigkeit – als wesentliches Kriterium – liegt nach der oben zitierten Gesetzesbegründung vor, „wenn die Mitglieder die Angelegenheiten der Wohngemeinschaft in einer Auftraggeber-gemeinschaft selbst regeln und ihre Wahlfreiheit hinsichtlich der Betreuungsleistungen nicht beschränkt ist. Wahlfreiheit ist im Sinne des Gesetzes als kollektive Wahlfreiheit der Auftraggeber-gemeinschaft zu verstehen und nicht als Wahlfreiheit des einzelnen Mitgliedes der Wohngemeinschaft. […] Die Wahlfreiheit, die das Gesetz fordert, ist die Unabhängigkeit der Auftraggeber-gemeinschaft von Dritten wie dem Vermieter oder einem Pflegedienstleister. Solange die gesamte Steuerung bei den Bewohnern selbst bzw. deren Betreuern liegt, besteht kein Bedarf nach heimrechtlichem Schutz. […] Die Bewohner bzw. ihre Angehörigen oder gesetzlichen Vertreter müssen eine Auftraggebergemeinschaft bilden, die über alle wesentlichen Belange der Gemeinschaft nach dem Mehrheitsprinzip entscheidet, vergleichbar z.B. einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese trifft sich regelmäßig ohne den Vermieter bzw. den Pflegedienst. Sie legt Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten in der Gemeinschaft vertraglich fest. […] Indikatoren für eine Nichtanwendung des Gesetzes […] sind:

  • Die Wohngemeinschaft wird von den Bewohnern/Betreuern selbst initiiert.
  • Die Bewohner/Betreuer holen mehrere Angebote von Pflegediensten ein.
  • Die Bewohner/Betreuer entscheiden in Abstimmung mit dem Vermieter darüber, wer einzieht.
  • Die Bewohner/Betreuer entscheiden darüber, wer die WG als Gast betritt und üben das Hausrecht aus.
  • Die Bewohner/Betreuer tragen die Kosten der Haushaltsführung selbst. Sie entscheiden über die Verwaltung des Budgets für die Lebenshaltung.
  • Der Tagesablauf wird von den Bewohnern/Betreuern selbst gestaltet.
  • Die Bewohner/Betreuer stellen das Mobiliar für die WG selbst.

Indikatoren für eine Anwendung des Gesetzes […] sind:

  • Es wird eine Versorgungsgarantie gegeben.
  • Die Auftraggebergemeinschaft überlässt oder überträgt wesentliche Entscheidungen Dritten (z.B. Pflegedienst).
  • Die Tagesstruktur wird durch den Pflegedienst oder andere betreuende Dritte vorgegeben.
  • Die Anwesenheit einer Betreuungs-/Pflegekraft ist während des gesamten Tages und der gesamten Nacht erforderlich, wenn mindestens ein Mitglied einer intensive medizinisch-therapeutischen Maßnahme bedarf. …“

 

3. Betreute Wohngruppen

Das Gesetz gilt für betreute Wohngruppen mit mehr als 9 Plätzen, wenn sie räumlich und organisatorisch abgeschlossene Einheiten sind, § 2 Absatz 6 SächsBeWoG. Dabei handelt es sich um gemeinschaftlich betreute Wohnformen für Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Behinderungen mit dem Ziel, Selbständigkeit und Selbstverantwortung sowie Eingliederung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu fördern. Verfügt die Wohngruppe über weniger als zehn Plätze ist das Gesetz dennoch anwendbar, wenn eines der Mitglieder der dauernden Anwesenheit einer Betreuungskraft rund um die Uhr bedarf.

„In betreuten Wohngruppen leben mehrere Betroffene zusammen und werden durch Fachpersonal mindestens einmal wöchentlich betreut. […] Die Betreuungsleistungen erfolgen in der Regel zeitlich befristet und sind von der Vermietung unabhängig. Tagesstrukturierende Betreuungsangebote werden von den Betroffenen außerhalb der Wohngemeinschaft und in Abhängigkeit von der individuellen Krankheitssituation gewählt….“, vgl. Gesetzesbegründung S. 7 a.a.O.

Das sog. Heimvertragsrecht ist weiterhin bundeseinheitlich im Gesetz zur Regelung von Verträgen über Wohnraum mit Pflege – und Betreuungsleistungen (WVBG) geregelt.

Beachten Sie dazu bitte die Präsentation und das Skript zum Mandantentreffen 2010. Beide stehen den Mandanten mit Beratungsvertrag im Servicebereich nochmals zum download zur Verfügung.

Noreen Walther
Rechtsanwältin