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Urteil des BGH zum Kündigungsrecht des Vermieters bei Eintritts des Lebensgefährten in den Mietvertrag nach Tod des Mieters

Der BGH hat im Urteil vom 31.01.2018 zu Az. VIII ZR 105/17 hohe Voraussetzungen für das Kündigungsrecht des Vermieters gem. § 563 Abs. 4 BGB aufgestellt.

 

Sachverhalt

Die Mieterin einer 3-Zimmer-Wohnung bewohnte gemeinsam mit ihrem nicht ehelichen Lebensgefährten eine Mietwohnung, wobei sich die monatliche Miete auf 545 € zzgl. Nebenkostenvorauszahlungen von 170  € monatlich belief. Nach dem Tod der Mieterin erklärte der Lebensgefährte, er sei in das Mietverhältnis eingetreten. Er befand sich zu diesem Zeitpunkt noch in einem Ausbildungsverhältnis. Daraufhin kündigte der Vermieter den Mietvertrag gem. § 543 Abs. 4 BGB aus wichtigem Grund. Das Ausbildungsgehalt sei für die monatlich zu entrichtende Gesamtmiete auf Dauer nicht auskömmlich.

Der Lebensgefährte widersprach der Kündigung und erklärte, die Miete ohne Weiteres entrichten zu können. Außerdem beantragte er die Zustimmung zur Untervermietung eines Teils der Wohnung gem. § 553 Abs. 1 BGB an einen ebenfalls im zweiten Ausbildungsjahr befindlichen Arbeitskollegen, der ein entsprechend hohes Einkommen beziehe wie er selbst. Er beabsichtige, mit der Untervermietung Fahrtkosten wegen gemeinsamer Fahrten zur Arbeitsstelle einzusparen. Zudem könne sich sein Kollege an den Mietzahlungen beteiligen. Der Vermieter versagte die Zustimmung zur Untervermietung und widersprach der Fortsetzung des Mietverhältnisses.

 

Hintergrund

Gem. § 563 BGB treten im Falle des Todes des Mieters folgende Personen in folgender Reihenfolge in den Mietvertrag ein: 1. Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner, 2. im Haushalt lebende Kinder des Mieters und andere Familienangehörige im gemeinsamen Haushalt oder Personen, die mit dem Mieter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen.

Der Eintritt erfolgt automatisch, es sei denn, die vorgenannten Personen erklären innerhalb eines Monats ab Kenntnisnahme vom Tod des Mieters, dass sie den Mietvertrag nicht fortsetzen wollen. Jede Person einzeln kann für sich die Erklärung abgeben.

Nachdem der Vermieter vom endgültigen Eintritt einer Person in den Mietvertrag Kenntnis erlangt hat, kann er innerhalb eines Monats außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen, wenn in der Person des Eingetretenen ein wichtiger Grund vorliegt, § 563 Abs. 4 BGB.

 

Die Entscheidung

Nach Ansicht des BGH kommt die nur gefährdet erscheinende Leistungsfähigkeit anstelle der sicheren Leistungsunfähigkeit des neuen Vertragspartners nur in besonderen Ausnahmefällen als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung des Mietvertrages in Betracht. Der Kündigungsgrund muss nämlich eine solche Qualität erreicht haben, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar erscheint, was bei objektiv feststehender Leistungsunfähigkeit der Fall sein kann. Denn der Vermieter kann schließlich den neuen Mieter durch das gesetzliche Eintrittsrecht nicht frei auswählen. Daher mute man dem Vermieter nicht zu, erst den Eintritt des Zahlungsverzugs abwarten zu müssen, um schließlich kündigen zu können.

Eine lediglich drohende finanzielle Leistungsunfähigkeit oder gefährdet erscheinende Leistungsfähigkeit könne ein Kündigungsrecht nach Ansicht des BGH aber nur in Ausnahmefällen begründen. Eine solche Prognose sei naturgemäß mit Unwägbarkeiten behaftet. Es bedürfe stets konkreter Anhaltspunkte und objektiver Umstände, die den zuverlässigen Schluss zulassen, dass fällige Mietzahlungen alsbald ausbleiben. Dies sei nicht gegeben, wenn Geldquellen vorhanden seien, um die Mietzahlungen sicherzustellen, wie etwa bei staatlichen Hilfen, sonstigen Einkünften, Untermietzahlungen, Unterstützung Verwandter oder Nebentätigkeitsvergütungen.

Anders als das Berufungsgericht meint der BGH, dass es irrelevant sei, dass der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung noch nicht absehbar sei. Schließlich könne auch ein zunächst solvent erscheinender Mieter später seinen Arbeitsplatz verlieren, so dass auch insoweit keine sichere dauerhafte Leistungsfähigkeit gewährleistet sei.

Es handele sich um reine Mutmaßungen des Vermieters und nicht um objektive belastbare Anhaltspunkte. Unberücksichtigt sei das Restvermögen des Lebensgefährten, sein etwaiger Anspruch auf Sozialleistungen, die bisher unbeanstandet gezahlte Miete sowie die Möglichkeit der zusätzlichen Einkünfte durch Untervermietung. Das Untervermietungsbegehren sei als berechtigtes Interesse anzuerkennen.

 

Noreen Walther
Rechtsanwältin

Aktuelle Information Nr. 10/2018

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz