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Urteil des BGH zum Anspruch des Mieters auf Einsicht in die Einzelabrechnungsbelege nach Betriebskostenabrechnung

Der BGH hat im Urteil vom 07.02.2018 zu Az. VIII ZR 189/17 verkündet, dass der Mieter auch ohne Darlegung eines besonderen Interesses an der Belegeinsicht in die Einzelverbrauchsdaten anderer Mieter eines gemeinsam versorgten Mietobjektes Einsicht nehmen darf. Solange diesem Verlangen nicht nachgekommen werde, sei der Mieter zur Leistung von Betriebskostennachzahlungen nicht verpflichtet.

 

Sachverhalt

Der Vermieter beanspruchte von den Wohnungsmietern klageweise die Nachzahlung aus Betriebskostenabrechnungen der Jahre 2013 und 2014 in Höhe von insgesamt mehr als 5.300 €. Diese Nachzahlung betrifft die in der Abrechnung enthaltenen Heizkosten, welche zu 30 % nach Nutzfläche und zu 70 % nach erfasstem Verbrauch abgerechnet worden sind, wobei die Erfassung durch „Wärmemesser“ erfolgte. Die beiden Abrechnungen ergaben für die betroffene Mietwohnung jeweils Anteile an den Gesamtheizkosten in Höhe von 42,8 bzw. von 47 %.

Die Mieter haben vorgerichtlich Einsicht in die Ablesebelege der anderen Verbrauchseinheiten des Hauses beansprucht. Die klagende Vermieterin verweigerte dies unter Verweis auf die Ursächlichkeit des Heizverhaltens der Mieter. Vorinstanzlich obsiegte jeweils die Vermieterseite.

 

Die Entscheidung

Die beklagten Mieter bestritten die ihnen nicht plausibel erschienenen Wärmemengen, da sie auffällig von dem Anteil der Wohnflächenverteilung abwichen. Der BGH stellte zunächst fest, dass die Darlegungs- und Beweislast für die inhaltliche Richtigkeit der erhobenen Nachzahlungsforderung bei der klagenden Vermieterin liegt. Es lägen auch keinerlei Anhaltspunkte vor, die die Richtigkeit der Abrechnung vermuten ließen, insbesondere stehe weder eine Eichung der verwendeten Wärmezähler fest, noch habe das Berufungsgericht nähere Feststellungen zur Ordnungsmäßigkeit der Ablesungen getroffen.

Anders als das Berufungsgericht meint, sei es nicht Aufgabe der beklagten Mieter, nachvollziehbare Anhaltspunkte für etwaige Leitungsverluste oder ähnliche Ursachen für die Unrichtigkeit der Verbrauchswerte vorzutragen. Das Einsichtsverlangen in die Abrechnungsbelege der anderen Wohn- und Gewerbeeinheiten hielt der BGH für ausschlaggebend. Die Abrechnung des Vermieters müsse den Anforderungen an eine Rechnungslegung des § 259 Abs. 1 BGB entsprechen. Zudem habe der Vermieter die Belege vorzulegen. Dies gehöre gem. § 259 BGB noch zur vorzunehmenden ordnungsgemäßen Abrechnung auf Verlangen des Mieters.

Nach Ansicht des BGH entspreche es allgemeiner Rechtsauffassung, dass hierbei auch eine Einsicht in die erhobenen Einzelverbrauchsdaten anderer Nutzer beansprucht werden könne, um zu klären, ob bei einer verbrauchsabhängigen Abrechnung die Summe der Verbrauchsdaten übereinstimme und deren Werte zutreffend seien oder sonstige Bedenken bestünden. Der Mieter müsse insoweit kein besonderes Interesse nachweisen. Der Hinweis auf das allgemeine Interesse an der Kontrolle der Abrechnung genüge.

Zwar werde der Anspruch auf Ausgleich aus der Betriebskostenabrechnung mit Erstellung und Übersendung der Rechnung gem. § 271 Abs. 1 BGB sofort fällig, ohne dass eine Nachprüfungsfrist abgewartet werden müsse. Dem Mieter stehe jedoch gem. § 273 Abs. 1 BGB ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Ermöglichung der Überprüfung der Abrechnung zu. Ein Zahlungsverlangen vor Ermöglichung der Überprüfung verstoße gegen Treu und Glauben und stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar.

Die Problematik des Datenschutzes hat der BGH mit keiner Silbe erwähnt. Offenbar erachtet er die mietrechtliche Geltendmachung von Auskunftsansprüchen insoweit als vorrangig und datenschutzrechtliche Aspekte als nicht relevant. Man darf insoweit auf die weitere Entwicklung gespannt sein.

 

Noreen Walther
Rechtsanwältin

Aktuelle Information Nr. 23/2018

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz