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Fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht eines Mieters nach Mieterhöhungsvereinbarung zur Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete

Der BGH hatte im Urteil vom 17.10.2018 zu Az. VIII ZR 94/17 einen Fall zu entscheiden, in dem ein Wohnraummieter dem Verlangen des Vermieters auf Anpassung der ortsüblichen Vergleichsmiete zunächst zugestimmt hatte, kurz darauf jedoch seine Zustimmung widerrief. Anschließend klagte er auf Rückzahlung der bereits geleisteten Mieterhöhungsbeträge.

 

Die Vorinstanzen

Das Berufungsgericht LG Berlin ging im Urteil vom 10.03.2017 zu Az. 63 S 248/16 davon aus, dass grundsätzlich ein Widerrufsrecht auch für im Briefwechsel geschlossene Mieterhöhungsvereinbarungen bestehe, da ein Brief ein Fernkommunikationsmittel im Sinne des § 312c Abs. 1 BGB sei. Weitere Voraussetzung für ein Widerrufsrecht sei jedoch, dass der Briefwechsel „im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- und Dienstleistungssystems“ erfolge. Dies sei nicht der Fall. Es komme es nicht darauf an, wie häufig der Vermieter Verträge im Fernabsatz schließe. Nach § 312c Abs. 1 BGB werde jedoch widerleglich vermutet, dass der Vertrag im Rahmen eines Fernabsatzsystems zustande gekommen sei, wenn ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet wurden. Allerdings handle es sich bei einem Mieterhöhungsverlangen um ein auf den Mieter bezogenes individuell gefertigtes Schreiben für eine konkret bezeichnete Wohnung. Irrelevant sei zudem der Umfang des Wohnungsbestandes. Da bereits der äußere Anschein, das Schriftbild und der auf den konkreten Fall zugeschnittene Fließtext gegen die Verwendung automatisierter Software spreche, ist die Vermutung des Abschlusses im Fernabsatzsystem nach Ansicht des LG Berlin widerlegt. Diese Entscheidung könnte eine gute Grundlage bei der Lösung der umstrittenen Frage bieten, ob der Verwalter von Wohneigentum beim Abschluss des Verwaltervertrages per Briefwechsel eine Widerrufsbelehrung beifügen muss.

 

Die Entscheidung des BGH

Der BGH musste zu dieser Rechtsfrage keine Stellung nehmen, weil er bereits die Auffassung vertritt, dass die Widerrufsrechtsregelungen auf Zustimmungsverlangen nach §§ 558 ff. BGB grundsätzlich nicht anwendbar seien. Dies folge aus dem Regelungszweck der Mieterhöhungsbestimmungen. Die Regelung zum Widerrufsrecht solle, so der BGH, Fehlentscheidungen aufgrund der Gefahr psychischen Drucks und von Informationsdefiziten begegnen. Diesen Gefahren habe der Gesetzgeber jedoch bereits im gesetzlichen Rahmen bei Mieterhöhungen Rechnung getragen, indem der Vermieter verpflichtet sei, sein Verlangen in Textform zu begründen, um die Berechtigung sachlich prüfen zu können. Ein Informationsdefizit bestehe daher ebenso wenig, wie eine etwaige Drucksituation, zumal eine hinreiche Mindestfrist von Gesetzes wegen für die Abgabe der Zustimmungserklärung in § 558b Abs. 2 BGB vorgesehen sei.

 

Noreen Walther
Rechtsanwältin

Aktuelle Information Nr. 41/2018

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz