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Wie ist mit Tieren im Rahmen der Zwangsräumung zu verfahren?

Es kommt immer wieder vor, dass im Rahmen der Vollstreckung eines Räumungstitels der Vermieter bei der Inbesitznahme der Wohnung feststellt, dass sich in dieser ein oder mehrere Tiere befinden, die der Schuldner zurückgelassen hat. Dann stellt sich die Frage, wie mit diesen Tieren weiter zu verfahren ist.

1. Rechtslage

Nach § 885 Abs. 2 – 4 ZPO schafft der Gerichtsvollzieher die beweglichen Gegenstände weg, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind und verbringt sie auf Kosten des Schuldners in Verwahrung. Unpfändbare Gegenstände hat der Gerichtsvollzieher – wenn der Schuldner sie nicht heraus verlangt – zu verkaufen und den Erlös zu hinterlegen. Unverwertbare Gegenstände hat er zu vernichten.

In Rechtsprechung und Literatur ist die Frage umstritten, ob auch bei Tieren die Regelungen des § 885 Abs. 2 – 4 ZPO Anwendung finden.

Teilweise wird vertreten, dass die zuständige Ordnung- oder Polizeibehörde im Rahmen einer effektiven Zwangsvollstreckung als Maßnahme der Gefahrenabwehr für die Unterbringung und Versorgung der Tiere zu sorgen hat, vgl. OLG Karlsruhe, NJW 1997, 1789 f..

Nach anderer Ansicht hat der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung allein nach § 885 Abs. 2 – 4 ZPO durchzuführen.

Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Beschluss vom 04.04.2012, Az.: I ZB 19/11 mit dieser Frage beschäftigt und sich der letzteren Ansicht angeschlossen.

Tiere sind nach § 90 a Satz 3 BGB wie bewegliche Sachen zu behandeln. Gemäß § 811 c Abs. 1 ZPO sind Haustiere unpfändbar. Der Gerichtsvollzieher muss beim Wegschaffen und Verwahren der Tiere die Tierschutzvorschriften beachten. Die Verwahrung der Tiere kann in einem Tierheim oder einer anderen zur Verwahrung geeigneten Einrichtung erfolgen. Sollte es dem Gerichtsvollzieher aufgrund der Größe, Gefährlichkeit, der Anzahl der Tiere oder weil sie wild leben, nicht möglich sein, diese allein wegzuschaffen, muss er Hilfspersonen mit der Fortschaffung beauftragen. Sollte es notwendig sein, kann er auch im Rahmen der Amtshilfe gemäß Art. 35 Abs. 1 GG staatliche Stellen mit heranziehen.

Für die erforderlichen Kosten kann der Gerichtsvollzieher vom Gläubiger einen entsprechenden Kostenvorschuss verlangen.

Weder der Umstand, dass bei dieser Vorgehensweise sehr hohe Kosten – faktisch – für den Gläubiger entstehen können, noch die Tatsache, dass häufig Ordnungs- und Polizeibehörden einschreiten könnten, ändern aus Sicht des BGH etwas daran, dass der Gerichtsvollstrecker die Zwangsräumung streng nach den Regelungen des § 885 Abs. 2 – 4 ZPO vorzunehmen hat und gerade kein Anspruch des Gläubigers auf behördliches Einschreiten besteht.

Nach Auffassung des BGH macht von diesen Grundsätzen nur dann eine Ausnahme, wenn der Gerichtsvollzieher die Tiere nach Ablauf der Verwahrungsfrist nicht veräußern kann, denn eine Vernichtung, wie sie § 885 Abs. 4 ZPO vorsieht, scheidet aufgrund der Tierschutzbestimmungen aus. Damit müssen die Tiere weiterhin verwahrt werden, wodurch unüberschaubare Kosten entstehen können. Diese jedoch hat nicht – faktisch – der Gläubiger, sondern die Allgemeinheit zu tragen, so dass diese dem Gläubiger nicht weiterberechnet werden können.

2. Fazit / Handlungsempfehlung

Der Vermieter sollte bereits bei Abschluss des Mietvertrages darauf achten, ob und welche Tiere der Mieter in die Wohnung verbringt und nur die Tierhaltung gestatten, zu der der Mieter rechtlich berechtigt ist. Auch im laufenden Mietverhältnis sollte der Vermieter darauf achten, dass das zulässige Maß nicht vom Mieter überschritten wird und ggf. frühzeitig bei Verstößen gegen Tierschutzbestimmungen die zuständigen Behörden einzuschalten. Andernfalls muss der Vermieter mit erheblichen Kosten rechnen, wenn die Tiere im Rahmen der Zwangsräumung vom Gerichtsvollzieher mitgenommen und verwahrt werden. Ist dem Vermieter bekannt, dass sich in der zu räumenden Wohnung Tiere befinden, sollte die Entscheidung, ob die Zwangsräumung im Rahmen des sog. Berliner Modells auf die bloße Besitzverschaffung beschränkt werden soll, gut überlegt werden. In diesem Fall ist der Vermieter verpflichtet, die Tiere entsprechend in ein Tierheim zu verbringen, ohne dass er behördliche Hilfe in Form von Amtshilfe – wie der Gerichtsvollzieher – in Anspruch nehmen kann.

Jana Wegert
Rechtsanwältin

im Kanzleiforum 09/2012

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz