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Warten auf Rechtssicherheit bei der Heizkostenabrechnung

Die Änderung der Heizkostenverordnung ist überfällig aber erneut aufgeschoben.  Eigentlich sollte die Änderung der Heizkostenverordnung in der Bundesratssitzung am 17.09.2021 bestätigt werden. Jedoch hat der Umweltausschuss eine weitere Behandlung von der Vorlage einer gesetzlichen Regelung zur  Aufteilung der Kosten aus der CO2-Bepreisung abhängig gemacht. Wann das Gesetzgebungsverfahren seinen Fortgang findet, ist daher offen. Dabei sind die  Umsetzungsfristen aus der EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) für einige der vorgesehenen Regelungen bereits im Oktober 2020 abgelaufen. Da die EED keine  direkte Anwendung findet, sind die darin vorgesehenen Regelungen erst ab einer Umsetzung in das deutsche Recht verbindlich anzuwenden.

Die wichtigsten Regelungen sind die Verpflichtung zur Installation fernablesbarer Messgeräte, deren Anbindbarkeit an ein Smart-Meter-Gateway und die  Einführung von monatlichen Verbrauchsinformationen für alle Nutzer.
Die Verschiebung der abschließenden Zustimmung im Bundesrat schafft die Möglichkeit, notwendige Korrekturen an der Änderungsverordnung der  Bundesregierung vorzunehmen. Dem Vernehmen nach wurde die Verschiebung im Umweltausschuss des Bundesrats auch mit umfangreichen Stellungnahmen von Verbänden der Immobilien und Messdienstbranche begründet.

Unterjährige Verbrauchsinformationen (uVI) an Mieter
Nicht nur in der Messdienstbranche, sondernauch unter Vermietern und Verwaltern wird heftig über Sinn, Zweck und Wirksamkeit der Pflicht zur uVI gegenüber den Wohnungsnutzern diskutiert. Ganz entscheidend wird für die Akzeptanz und auch den Erfolg der Einführung von unterjährigen Verbrauchsinformationen die Frage sein, welche konkreten Informationen der Nutzer erhält. Im derzeit aktuellen Entwurf zur Änderung der Heizkostenverordnung vom 26.04.2021 ist vorgesehen, dass die uVI mindestens die nachfolgenden Informationen enthalten müssen:

1. Verbrauch des Nutzers im letzten Monat in Kilowattstunden,
2. Vergleich des Verbrauchs mit dem Verbrauch des Vormonats des Nutzers sowie dem entsprechenden Monat des Vorjahres,
3. Vergleich mit dem Verbrauch eines normierten oder durch Vergleichstests ermittelten Durchschnittsnutzers derselben Nutzerkategorie.

Bei allen drei Angaben stellt sich die Frage, welche Schlüsse der Nutzer daraus ziehen kann und inwieweit er durch diese Informationen motiviert wird, sein Nutzungsverhalten entsprechend den Zielstellungen des  Gebäudeenergiegesetzes, mithin der Einsparung von Endenergie, anzupassen.

Soweit der Heizenergieverbrauch in Kilowattstunden angegeben werden soll, ist dies für den Wohnungsnutzer sicherlich eine nachvollziehbare Größe. In diesem Zusammenhang stellt sich aber die Frage, wie die mit Heizkostenverteilern gemessenen Einheiten in Kilowattstunden umgerechnet werden können und inwieweit dabei auch Probleme wie die Rohrwärmeabgabe berücksichtigt werden müssten. Besonders problematisch erscheint jedoch die Angabe des  Verbrauchs für  Warmwasser in Kilowattstunden. Sicherlich kann auch hier ein Wert rechnerisch aus dem Warmwasservolumen errechnet werden. Jedoch stellt sich die Frage, ob  nicht die Vorstellungskraft des durchschnittlichen Wohnungsnutzer zu sehr beansprucht wird. In der Regel hat der Wohnungsnutzer ein gutes Verständnis dafür, wieviel Liter bzw. Kubikmeter Warmwasser er verbraucht hat. Wieviel Energie jedoch aufgewandt wird, um das verbrauchte Warmwasser zu erwärmen und Warmwasser jederzeit verfügbar vorzuhalten, ist für den durchschnittlichen Wohnungsnutzer nur schwer nachzuvollziehen. Davon abgesehen kann der  Wohnungsnutzer zwar den Warmwasserverbrauch steuern, nicht jedoch die  Bereitstellungstemperatur des Warmwassers am Ausgang des Warmwasserbereiters  oder die Wärmeverluste im Warmwasserkreislauf.

Sinnvoller erscheint daher beim Warmwasser tatsächlich die Angabe des monatlich verbrauchten Volumens und bei Heizungsanlagen mit Heizkostenverteilern die Angabe von bewerteten Verteilereinheiten.Der Vergleich mit den eigenen Verbräuchen im Vormonat bzw. im Vorjahr (soweit die Daten bebereits erhoben wurden) ist für die Einordnung des eigenen Verbrauchsverhaltens durch den jeweiligen Nutzer sinnvoll. Hier wäre lediglich die Überlegung anzustellen, ob jeweils die Gesamtwerte für die Wohnung ausreichend sein sollen oder ob auch hinsichtlich der einzelnen Verbrauchsstellen Verbrauchsinformationen übermittelt werden könnten.

Sowohl technische Probleme (z.B. der tropfende Wasserhahn) als auch das geänderte Nutzungsverhalten in einzelnen Räumen einer Mietwohnung lassen sich besser nachvollziehen und erkennen, wenn die Angaben je Verbrauchsstelle gemacht werden.

Besonders problematisch erscheint der Vergleich mit dem Verbrauch eines normierten oder durch Vergleichstests ermittelten Durchschnittsnutzers derselben Nutzerkategorie. Insbesondere die Einordnung in eine Nutzerkategorie, die tatsächlich Aussagekraft für die jeweilige Wohnung haben kann, stellt einen erheblichen Aufwand dar. Aber auch unabhängig von dem damit verbundenen Aufwand stellt sich die Frage, welche Informationen aus einem solchen Vergleich gezogen werden können. In den Vergleichswert der passenden Nutzergruppe fließen nach den Vorstellungen des Referentenentwurfs folgende Parameter ein: Zeitraum, Klimazone, Nutzungsart, energetischer Zustand oder Baualter des Gebäudes, verwendeter Energieträger oder die eingesetzte Anlagentechnik sowie die Gebäudegröße. Sicherlich ist ein derart ermittelter Vergleichswert grundsätzlich zu begrüßen, jedoch für den Wohnungsnutzer nur von geringem Wert. Der Wohnungsnutzer wird eher einen auf seine konkrete Liegenschaft bezogenen Vergleichswert als Maßstab akzeptieren. Durchschnittswerte für die Liegenschaft sind für den Wohnungsnutzer eher ein tauglicher Maßstab für sein eigenes Nutzungsverhalten. Zudem sagt das Verhältnis zum Liegenschaftsdurchschnitt auch etwas über die spätere anteilige Kostenbelastung aus. An dieser Stelle laufen dann die beiden Anreizmechanismen aus der Heizkostenverordnung,  verbrauchsabhängige Kostenverteilung und regelmäßige Informationen, zusammen.

Anbindung an das Smart-Meter-Gateway
Wichtiger Bestandteil der neuen Vorgaben für die einzusetzende Technik zur Fernablesung ist die sogenannte Anbindbarkeit an das Smart-Meter-Gateway (SMGW). Hier stellt sich die Frage, welche Voraussetzungen die  Verbrauchserfassungsgeräte erfüllen müssen, um als anbindbar an ein SMGW zu gelten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass SMGW zwar vielen Vorgaben nach dem Messstellenbetriebsgesetz sowie aus Schutzprofilen und technischen Richtlinien des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) unterliegen, jedoch durchaus unterschiedliche Funktionalitäten aufweisen.

Teilweise werden SMGW beworben, die bereits den Funkempfang für Submeter integriert haben. Bei anderen Herstellern wird ein zusätzlicher CLS-Adapter benötigt, an den ein Funkgateway zum Empfang der Funksignale der einzelnen Verbrauchserfassungsgeräte angeschlossen wird oder der selbst über eine integrierte Funkschnittstelle verfügt.

Als technisch anbindbar könnten daher alle funkenden Verbrauchserfassungsgeräte gelten, die mit einem Funk-Gateway plus Modul an das SMGW angeschlossen werden können oder direkt durch das SMGW mit Funkschnittstelle empfangen werden können. Da es eben SMGWs mit bereits integriertem Funkempfang gibt, dürfte die technische Anbindbarkeit bereits bestehen, wenn Verbrauchserfassungsgeräte Signale in einem offenen Standard senden. Denkbar ist allerdings, dass hinsichtlich der Anbindung an das SMGW Vorgaben durch das BSI in Schutzprofilen und technischen Richtlinien gemacht werden. Solche in der neuen  Heizkostenverordnung erwähnten Schutzprofile und technischen Richtlinien des BSI sind bislang allerdings nicht bekannt gemacht und sind auch nicht im Entwurf veröffentlicht.

Es könnte demnach die Ansicht vertreten werden, dass die Vorgabe der Anbindbarkeit an ein SMGW keine allzu große Hürde darstellt. Jedenfalls soweit die  eingesetzten Verbrauchserfassungsgeräte einen offenen, interoperablen Funkstandard verwenden. Derzeit ist eine tatsächliche Pflicht zur Anbindung an das SMGW nur für den Fall in der Heizkostenverordnung vorgesehen, dass der Gebäudeeigentümer nach § 6 Abs. 1 Messstellenbetriebsgesetz im Rahmen eines Bündelangebots auch die Sparte Heizwärme an den Messstellenbetreiber für Strom vergeben hat. Also nur in dem Fall, dass der Anbieter des Bündelangebots auch zugleich mit dem Submetering für Heizung und Warmwasser beauftragt wird, ist dieser verpflichtet, das SMGW auch zu nutzen.

Für den Messdienst, der nicht zugleich auch Messstellenbetreiber für Strom ist, besteht demnach keine Verpflichtung zur tatsächlichen Nutzung des SMGW.

Unabhängig von einer Nutzungspflicht ist derzeit nicht abschätzbar, inwieweit eine Übertragung von Messdaten der zahlreichen in einer Liegenschaft verbauten Heizkostenverteiler und Wasserzähler über das SMGW wirtschaftlich darstellbar ist. Konkrete Preisangaben von Smart-Meter-Gateway-Administratoren für deren Leistungen bei der Datenübertragung im Submetering sind kaum zu finden.

Da Bündelangebote nach § 6 Abs. 1 MsbG nur unter der Voraussetzung der Kostenneutralität für den betroffenen Mieter umsetzbar sind, müssen die zusätzlichen Kosten für die Nutzung des SMGW unter den üblichen Kosten eines herkömmlichen Funk-Gateways des Messdienstes liegen. Viel Spielraum für wirtschaftlich tragfähige Geschäftsmodelle ist dabei wohl nicht vorhanden.

Probleme der bisherigen Heizkostenverordnung nicht beseitigt
Die Änderung der Verordnung bietet auch die Möglichkeit, die Streitpunkte aus der Vergangenheit zu beseitigen. Gerade in Bezug auf die Rohrwärmeabgabe und die Kostenabgrenzung beim Warmwasser wurde diese Chance bislang nicht genutzt. Im Ergebnis könnte die Verzögerung der Verabschiedung genutzt werden, die erkannten Problempunkte zu korrigieren und so Rechtssicherheit bei der Anwendung der neuen Verordnung zu schaffen.

Martin Alter
Rechtsanwalt