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Der verstorbene Mieter als Dauerproblem der Vermieter – Problemkreis der unbekannten und unwilligen Erben

Wir berichten regelmäßig über die rechtliche Situation, wenn Ihre Mieter sterben, da dieses Thema auch weiterhin bei Vermietern im gewerblichen Bereich als sog. „Dauerbrenner“ auftritt. Umso mehr ist festzustellen, dass weiterhin Unsicherheiten und Unklarheiten bestehen, wie in diesen Fällen rechtssicher zu agieren ist. „Schnellschüsse“ oder vermeintliche Vereinfachungen in der Abwicklung sind dauerhafte und eventuell bequeme, jedoch keinesfalls empfehlenswerte, Phänomene. Trotz bekannter Problematik werden häufig vermeidbare Fehler gemacht und unnötige Vermögensschäden generiert.

Unabhängig davon, ob genossenschaftliche Nutzungsverhältnisse oder Mietverhältnisse bestehen, ändert sich der Status des Rechtsverhältnisses zunächst nicht sofort mit dem Versterben. Die Fälle, in denen gemeinsam mit im Haushalt wohnende Mieter oder Erben in den Mietvertrag aktiv eintreten (§§ 563 ff., 1922 ff. BGB), sind zumeist weniger problematisch und in der Beratungspraxis auch seltener.

Was passiert aber, wenn die Sterbemitteilung eintrifft und keine Person umgehend in das Mietverhältnis eintritt bzw. über das Wie & Weiter völlige Unklarheit besteht? Der Vermieter benötigt dann dringend einen Ansprechpartner, den er aber erst aufwendig ermitteln müsste. Kennt der Vermieter keine Personen im Umfeld der verstorbenen Person, gestaltet sich dies oft schwierig und langwierig. Miete wird nicht gezahlt, Kündigungen können nicht erklärt werden und wie sich der Zustand im Inneren der Wohnung entwickelt, ist ebenfalls nicht verifizierbar.

Ein Teil unseres Mandantenkreises nutzt mit uns hierfür bereits das durchaus bekannte Verfahren der Nachlasspflegschaft gemäß §§ 1960, 1961 BGB, angeordnet vom zuständigen Nachlassgericht. Die Voraussetzungen für die begehrte Anordnung einer solchen Vertretung von unbekannten Erben sind oftmals überschaubar und auch regelmäßig vorhanden (Sicherungs- und Fürsorgebedürfnisse, keine kurzfristigen Ermittlungen möglich, Rechtsschutzbedürfnis), jedoch stets einzelfallbezogen zu prüfen. Insoweit haben wir bereits mehrfach in unseren Kanzleiforen sowie unseren Aktuellen Informationen für Sie berichtet. Bei genügender Vorbereitung erreichen wir für Sie mittlerweile regelmäßig Bestellungsbeschlüsse innerhalb von zwei bis vier Wochen ab Antragstellung.

Im Anschluss kann das Mietverhältnis dann bei intensiver Kommunikation mit dem Nachlasspfleger oder der Nachlasspflegerin oftmals sofort beendet und die zeitnahe Herausgabe der Wohnung an den Vermieter erreicht werden. Die Folgefragen zur Beräumung, Reinigung und ggf. Instandsetzung der Wohnräume können dann ebenfalls mit dem Nachlasspfleger geklärt werden, abhängig vom vorhandenen Nachlassvermögen.

Durch die Neuregelungen im GNotKG werden die Gerichtskosten sowie die Kosten des Nachlasspflegers allein durch die Erben getragen. Ebenso wenig müssen Sie als Gläubiger und Antragsteller Vorschüsse für derartige Anträge entrichten, was bereits obergerichtlich geklärt wurde.

An dieser Stelle ist auch zwingend darauf hinzuweisen, dass weder die teilweise immer noch gängigen Aufforderungen der Nachlassgerichte zur eigenständigen Inbesitznahme nebst Beräumung der Wohnung noch die umgehende Inanspruchnahme von Vermieterpfandrechten zur rechtssicheren Abwicklung der Mietverhältnisse berechtigen. Grundsätzlich ist dies sogar im Rahmen der verbotenen Eigenmacht strafbar, wofür Sie als Geschäftsführer und Vorstände auch persönlich haftbar gemacht werden können. Selbst die Verwahrung aller Schlüssel ermächtigt nicht zur Inbesitznahme und Beräumung der Wohnung.

Ein häufig unterschätztes Problem sind diejenigen Fälle, bei denen Verwandte das Mietverhältnis abwickeln möchten (Kündigung, Übergabe Schlüssel und Wohnung), was dem Vermieter denknotwendig entgegenkommt, im Anschluss jedoch das Erbe ausschlagen. Da eine das Erbe ausschlagende Person juristisch jedoch als vorverstorben gilt, sind sämtliche vorher getätigte Willenserklärungen und Rechtshandlungen unwirksam bzw. vom tatsächlichen Erben angreifbar. Auch hier drohen Haftungsansprüche, so dass auch in diesen Fällen die Beantragung der Nachlasspflegschaft ein probates und einfaches Mittel zur Absicherung ist.

Im Anschluss an die durch einen Nachlasspfleger herausgegebene Wohnung ergibt sich meist das Folgeproblem der entstandenen Kosten und der aufgelaufenen Mietrückstände, für die oftmals kein werthaltiger Nachlass zur Verfügung steht. Die häufig von Erben und Nachlasspflegern dann auch noch erhobenen Einreden der Dürftigkeit, Haftungsbegrenzung, Ausschließung, Überschwerung etc. machen die Sachlage juristisch scheinbar schwierig, an dieser Stelle sind gleichwohl wirtschaftliche Überlegungen deutlich sinnvoller.

Jedenfalls sollte auch nach Herausgabe der Wohnung die Kommunikation mit dem Nachlassgericht aufrecht erhalten bleiben, um Erbermittlungsvorgänge voranzutreiben und alle potentiellen Möglichkeiten auszuschöpfen, werthaltige Nachlassmasse zu Ihren Gunsten verwerten zu können. Vor Allem ist dies auch zu beachten, wenn freie Guthaben aus Betriebskostenabrechnungen, Mietkautionen oder Genossenschaftsmitgliedschaften entstehen, die mangels Berechtigung nicht ausgezahlt werden können.

Letztlich weisen wir auch darauf hin, dass nicht alle vorgelegten Vorsorge- und Generalvollmachten das Gegenüber zum berechtigten Vertragspartner machen, sondern auch an dieser Stelle einzelfallbezogene Prüfungen der Legitimation erfolgen sollten.

Wir stehen Ihnen für die Beratung und Begleitung von Nachlassvorgängen weiterhin stets gern zur Verfügung.

Sebastian Tempel

Rechtsanwalt

Kanzleiforum 12/2018
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz