Unwirksame Betriebskostenklausel im Gewerberaummietvertrag, die den Vermieter benachteiligt
Die Rechtsprechung hat sich immer wieder mit den Fragen zu beschäftigen, inwieweit die in Mietverträgen enthaltenen Bestimmungen zu den Betriebskosten der AGB-Kontrolle standhalten. Dabei prüfen die Gerichte überwiegend, ob das Vertragsformular des Vermieters Klauseln enthält, die den Mieter benachteiligen und daher unwirksam sind. Das Oberlandesgericht Jena hat in seinen Urteil vom 04.07.2012, Az.: 7 U 48/12, nun jedoch den umgekehrten Fall zu beurteilen.
Diesmal hatte der Mieter eines gewerblichen Objektes in dem von ihm gestellten Mietvertragsformular folgende Klausel vorgegeben, die der Vermieter akzeptiert hatte:
„Die Abrechnung der Betriebskosten erfolgt jährlich. Abrechnungszeitraum ist das Kalenderjahr. Der Vermieter ist verpflichtet, innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Abrechnungszeitraums über die Betriebskosten abzurechnen. Die Parteien sind sich diesbezüglich einig, dass es sich hierbei darüber hinaus um eine Ausschlussfrist handelt. Rechnet der Vermieter nicht fristgerecht ab, ist der Mieter zum Einbehalt der Betriebskostenvorauszahlung gemäß § 4 Ziff. 9 berechtigt.“
Der Vermieter als Kläger forderte vom beklagten Mieter die Begleichung der Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung für 2009, die dem Beklagen am 14.01.2011 zugegangen war. Der Beklagte verweigerte die Zahlung mit der Begründung, die Abrechnung sei verspätet erfolgt. Das Landgericht hatte daraufhin die Klage abgewiesen. Das OLG hat unter Abänderung dieses Urteils den Beklagten zur Zahlung des Nachzahlungsbetrages verurteilt, mit der Begründung, dass die o. g. Klausel im Mietvertrag unwirksam sei.
Die Klausel ist nach Auffassung des Gerichts gleich in dreifacher Hinsicht nach § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
Zum Einen ergibt sich der Verstoß gegen 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB daraus, dass der Mietvertrag aufgrund der Einbeziehung dieser Klausel vom dispositiven Recht – § 578 BGB – abweicht. In § 578 BGB erklärt der Gesetzgeber einzelne Vorschriften des Wohnraummietrechts für das Gewerberaummietrecht anwendbar, nimmt davon aber ausdrücklich die Jahresabrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 BGB aus. Eine vertragliche Regelung, die dieser gesetzlichen Wertung widerspricht, stellt jedoch eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners dar.
Zum Anderen resultiert die unangemessene Benachteiligung daraus, dass die Klausel bei Fristablauf ein Erlöschen des Anspruchs des Vermieters auf Betriebskostennachzahlung vorsieht, ohne dass es auf sein Vertretenmüssen ankommt. Diese Verzugsregelung, die eine Rechtsfolge im Falle von Verzögerungen auch bei fehlendem Verschulden des Vermieters begründet, stellt eine Haftungsverschärfung dar, die nach Auffassung des Gerichts in allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht begründet werden kann.
Die Ausgestaltung als Ausschlussfrist stellt ebenfalls eine unangemessene Benachteiligung dar, da sie in das gesetzliche Leitbild der Verjährung eingreift und diese unangemessen verschärft. Der Anspruch auf Betriebskostennachzahlung verjährt gemäß § 195 BGB nach drei Jahren. Durch die vertraglich vereinbarte Ausschlussfrist wird diese Verjährungsfrist, die mit der Erteilung der Jahresabrechnung beginnt, im Extremfall auf „Null“ reduziert. Zudem kann der Mieter Betriebskostenvorauszahlungen einbehalten. Dies stellt einen weiteren Nachteil für den Vermieter und damit eine nochmalige unangemessene Benachteiligung des Vermieters dar. Der Klausel im Mietvertrag fehlt es daher an einer interessengerechten Balance.
Die Entscheidung ist dahingehend interessant, dass vorliegend der Vermieter in einer Mietvertragsklausel benachteiligt worden ist und das Gericht das gesetzliche Leitbild für die Abrechnungsfrist für die Betriebskosten im Gewerberaummietvertrag herausarbeitet. So stellt es noch einmal klar, dass die Vorschrift § 556 Abs. 3 BGB – auch nicht analog – auf Gewerberaummietverträge anwendbar ist. Bei der Vereinbarung einer Abrechnungsfrist muss diese so ausgestaltet sein, dass der Vermieter bei Versäumung dieser Frist seinen Nachzahlungsanspruch nur dann verliert, wenn er die Fristversäumnis auch zu vertreten hat.
Jana Wegert
Rechtsanwältin
im Kanzleiforum 12/2012
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz