>

Das Sicherungsrecht Auseinandersetzungsguthaben

Allgemeines

Das genossenschaftliche Auseinandersetzungsguthaben ist in § 73 Abs. 4 GenG kodifiziert. Es entspringt dem Geschäftsguthaben des Genossenschaftsmitgliedes, welches zum Ende der Mitgliedschaft zur Auszahlung fällig wird, § 73 Abs. 2 GenG. Die Auszahlung hat innerhalb einer 6-Monats-Frist zu erfolgen, sofern keine aufrechenbaren Gegenansprüche der Genossenschaft in vereinbarter Weise mit dem Auszahlungsanspruch des ausscheidenden Mitgliedes aufgerechnet werden können. Eine Verrechnung von eigenen Forderungen der Genossenschaft darf daher stets erst beim Ausscheiden des Mitglieds erfolgen.

Hierfür werden mit den Genossenschaften zum Teil Abtretungserklärungen bei Vertragsschluss (Nutzungsvertrag + Mitgliedschaftsvertrag) vereinbart, die den bereits bestehenden, jedoch noch nicht fälligen Auszahlungsanspruch des Neumitglieds gleich wieder an die Genossenschaft abtreten. Eine andere Möglichkeit bieten die satzungsmäßigen Pfandrechte der Genossenschaften, die das jeweilige künftige Auseinandersetzungsguthaben ergreifen. Hierfür ist jedoch erst eine Kündigungserklärung (Mitglied, Gläubiger oder Insolvenzverwalter) oder ein Ausschluss erforderlich, um den Anspruch der Genossenschaften endgültig wirksam werden zu lassen.

An dieser Stelle waren auf beiden Seiten oftmals Verständnisschwierigkeiten und Abgrenzungsprobleme angesiedelt, die auch aufgrund der nunmehr neuen Gesetzeslage (Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 17.05.2013) sowie der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH im Grunde klar geregelt sind.

Kündigung

Die Kündigung von Genossenschaftsmitgliedschaften durch Gläubiger und Insolvenzverwalter ist seit dem 19.07.2013 nur noch eingeschränkt und unter den Voraussetzungen der §§ 66, 66a, 67b, 67c GenG möglich. Hierbei ist die „Fremdkündigung“ von Genossenschaftsanteilen und damit Einziehung des Auseinandersetzungsguthabens grundsätzlich nur erlaubt, wenn die Genossenschaftsanteile den Betrag in Höhe des Vierfachen Netto-Nutzungsentgeltes übersteigen, wobei hier der Höchstbetrag von 2.000,00 € zu beachten ist. Zudem müssen Pflichtanteile ausreichend berücksichtigt werden und können nicht einzeln gekündigt werden, sofern das Mitglied dadurch die Mitgliedschaft und somit die Wohnung verlieren würde. Dies bedeutet, dass eine Kündigung nur wirksam ist, wenn mehr Anteile als das 4-fache Nutzungsentgelt vorhanden sind und diese nur ab einem Betrag von über 2.000,00 €, wenn nur Pflichtanteile gezeichnet sind.

Insolvenz

Grundsätzlich stellt das Auseinandersetzungsguthaben einen Vermögenswert des Mieters dar, der gemäß §§ 35 Abs. 1, 80 Abs. 1, 148 Abs. 1 InsO in die Insolvenzmasse fällt und damit der Verwertung durch den Insolvenzverwalter zugänglich ist. Hierbei gilt zulasten der Genossenschaft das Aufrechnungsverbot des § 96 InsO. Dies bedeutet, dass die Mitgliedschaft bereits vor Insolvenzverfahrenseröffnung gekündigt worden sein muss und die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens nur noch vom Eintritt der Kündigungswirkung bzw. der Fälligkeit des Anspruchs abhängt. Nur in diesem Falle kann eine Aufrechnung wirksam erfolgen. Sofern allerdings erst der Insolvenzverwalter bzw. das Mitglied das Mitgliedschaftsverhältnis kündigt oder das Mitglied erst nach Insolvenzverfahrenseröffnung ausgeschlossen wird, mithin noch eine Rechtshandlung der beteiligten Parteien erforderlich ist, wird der Rechtsprechung das Auseinandersetzungsguthaben regelmäßig an die Insolvenzmasse fließen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 08.01.2009 – IX ZR 217/07). Im Ergebnis ist das satzungsmäßige Pfandrecht daher zumeist nicht insolvenzfest, Aufrechnungen der Genossenschaften regelmäßig unwirksam.

Pfändungsgläubiger

Anderes gilt bei der Kündigung und Einzelzwangsvollstreckung (Beschlagnahme) durch Gläubiger gem. § 66 GenG. Hierbei sind Forderungen der Genossenschaft nur dann nicht bevorrechtigt, wenn diese nach der Beschlagnahme des Gläubigers entstehen, § 392 BGB. D. h., dass ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, der am 01.01.2014 zugestellt wird, Forderungen der Genossenschaft in jedem Falle nicht verdrängt, die bis zum 31.12.2013 zugunsten der Genossenschaft bestehen. Zugleich sind Mieten, die vor dem Auseinandersetzungsguthaben fällig werden, grundsätzlich ebenfalls bevorrechtigt (BGH, Urt. v. 12.12.2005 – II ZR 283/03).

Unbedingt zu beachten sind grundsätzlich immer die Voraussetzungen einer wirksamen Aufrechnung gem. §§ 387 ff. BGB sowie die Verjährung von Gegenforderungen.

Bei der Einschätzung, Prüfung und Durchsetzung von Aufrechnungslagen sowie der Abwehr von entsprechenden Einziehungsforderungen durch Gläubiger und Insolvenzverwalter steht Ihnen unsere Kanzlei selbstverständlich jederzeit und gern zur Verfügung.

Sebastian Tempel

Rechtsanwalt

im Kanzleiforum 06/2014

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz