Schriftformerfordernisse im Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Die Frage, ob auch ein Telefaxschreiben oder eine E-Mail die gesetzlichen Anforderungen an die Wahrung des Schriftformerfordernisses genügt, stellt sich dem Vermieter insbesondere im Rahmen der Kündigung von Mietverträgen, dem WEG-Verwalter beispielsweise bei der Prüfung von Stimmrechtsvollmachten in Wohnungseigentümerversammlungen.
1. Gesetzliche Schriftform in der Miete
Ist gesetzlich die Schriftform vorgeschrieben, so bedarf es der eigenhändigen Unterschrift des Verfassers auf der Urkunde. Gesetzlich wird die Schriftform beispielsweise bei der Abgabe von Mietvertragskündigungen gefordert, § 568 BGB. Bedarf ein Vertrag der Schriftform, müssen beide Parteien auf derselben Urkunde unterzeichnen oder wenn mehrere gleichlautende Urkunden erstellt werden, dann hat jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde zu unterzeichnen, § 126 BGB. Letzteres ist insbesondere bei Mietverträgen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr der Fall, § 550 BGB, oder bei Staffel- oder Indexmietklauseln, §§ 557a, b BGB.
Sofern gesetzlich nichts Anderes geregelt ist, kann die Schriftform auch durch die elektronische Form ersetzt werden, § 126 Abs. 3 BGB. Dabei genügt aber nicht jede elektronische Form, sondern nur die in § 126a BGB geregelte. Demnach muss der Aussteller der Erklärung seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen. Das ist beispielsweise bei den von der Kanzlei erstellten Kostenrechnungen, die über die WebAkte versandt werden, der Fall. Ein Telefax oder eine einfache unsignierte E-Mail erfüllen die Anforderungen an die elektronische Form somit nicht und damit auch nicht das Schriftformerfordernis. Damit steht auch das erste Zwischenergebnis fest: Ein Telefaxschreiben oder eine einfache E-Mail ohne Signatur genügen für den Ausspruch einer Mietvertragskündigung nicht.
2. Vereinbarte Schriftform im WEG
Im Falle einer Schriftformvereinbarung in der Gemeinschaftsordnung oder einer späteren Vereinbarung der Eigentümer für den Nachweis der Bevollmächtigung für die Vertretung in Wohnungseigentümerversammlungen trifft den Verwalter die Amtspflicht, von sich aus für die Einhaltung der Form zu sorgen, wenn er selbst als Vertreter eines Eigentümers in der Versammlung fungieren will und zwar auch, wenn kein Eigentümer die Vorlage des Vollmachtsoriginals beansprucht, vgl. Häublein ZWE 2001, S. 1. Entsprechend müsste er Vollmachten nicht erschienener Eigentümer gegenüber dem Vertreter zurückweisen, wenn diese nicht der Schriftform genügen.
§ 127 BGB regelt die Erfordernisse für vereinbarte Schriftform. Demnach gelten die Regelungen für die gesetzliche Schriftform entsprechend. Jedoch lässt § 127 Abs. 2 BGB zur Wahrung der vereinbarten rechtsgeschäftlichen Schriftform auch die telekommunikative Übermittlung genügen, „soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist“. Daraus könnte man folgern, dass auch einfache Telefax- oder E-Mailausdrucke der gesetzlichen Schriftform genügen. In der Literatur wird jedoch angenommen, dass wegen des Legitimationszwecks ein solcher entgegenstehender „Wille im Zweifel anzunehmen“ sei, Häublein a. a. O. Dahinter steht die Erwägung, dass die Anwesenden in der Versammlung schnell und rechtssicher prüfen können müssen, ob tatsächlich eine aktuell gültige Vollmacht besteht und somit ob die abgegebene Stimme wirksam gezählt werden kann oder nicht. Anderenfalls könnte die Verkündung fehlerhaft sein. Eine hinreichende Prüfungs- und Nachforschungszeit steht in diesem Fall gerade nicht zur Verfügung. Daher wird vertreten, dass die Vollmacht im Original vorliegen muss und der eigenhändigen Unterschrift des vertretenen Eigentümers bedarf. Die Akzeptanz von einfachen E-Mails oder Telefaxen würde daher eine Amtspflichtverletzung des die Versammlung leitenden Verwalters begründen. Entsprechend urteilte auch das LG Dresden im Endurteil vom 12.10.2014, Az. 2 S 540/13, wonach Telefaxkopien als Stimmrechtsvollmachten nach § 174 BGB zurückzuweisen und im Hinblick auf die Prüfung der Beschlussfähigkeit nicht mitzuzählen sind. Das Prüfungsrecht stehe dabei nicht nur dem Versammlungsleiter, sondern auch dem Beirat und sämtlichen anderen Wohnungseigentümern jeweils einzeln zu.
Eine andere Handhabung ist dann geboten, wenn in der Vergangenheit Telefax- oder E-Mailbevollmächtigungen geduldet worden sind. Soweit dies in Unkenntnis der Rechtslage erfolgte und der Verwalter beabsichtigt, von dieser Praxis abzuweichen, insbesondere weil Zweifel am Fortbestehen der Vollmacht begründet sind, hat er rechtzeitig – in der Regel bereits in der Einladung – auf die geänderten Formerfordernisse hinzuwirken, um den Beteiligten eine hinreichende Vorbereitungszeit einzuräumen.
Eine Dauervollmacht müsse, so das LG Dresden a.a.O., zudem bei jeder Versammlung im Original vorliegen. Ein Prokurist oder Geschäftsführer legitimiere sich durch einen aktuellen Handelsregisterauszug, vgl. Engelhardt im Münchner Kommentar, 7. Aufl. 2017, § 25 WEG, Rz. 28, Rz. 18 f.
Aus § 127 Abs. 1 i. V. m. § 126a BGB ergibt sich, dass eine E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur im Falle des vereinbarten Schriftformerfordernisses durch den Versammlungsleiter wohl eher nicht zurückgewiesen werden dürfte, auch wenn es hierzu keine Veröffentlichungen in Literatur und Rechtsprechung gibt. Jedenfalls dürfte dies gelten, sofern die E-Mail in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Eigentümersammlung übersandt worden ist.
Noreen Walther
Rechtsanwältin
in Kanzleiforum 06/2017
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz