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Reform der Zwangsvollstreckung – Teil II: Ausblick auf bevorstehende Gesetzesänderung

Fortsetzung aus Kanzleiforum Teil 4/2009

Im Bundesgesetzblatt Teil 1, Jahrgang 2009, Heft 48, S. 2258 ff., wurde das

Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

verkündet. Folgende am 01.01.2013 in Kraft tretende Änderungen können dem insbesondere entnommen werden:

  1. Ermittlung des Aufenthaltes des Schuldners, § 755 ZPO

Bislang war die Aufenthaltsermittlung alleinige Obliegenheit des Gläubigers einer Forderung. Nunmehr kann er diese Aufgabe auf den Gerichtsvollzieher (GVZ) delegieren, § 755 ZPO n.F. Zunächst hat der GVZ eine Melderegisterauskunft einzuholen. Ist diese negativ, darf er – falls die zu vollstreckenden Ansprüche mindestens 500 € in der Hauptsache betragen – Auskünfte beim Ausländerzentralregister, bei Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung sowie beim Kraftfahrzeugbundesamt einholen.

  1. Grundsätze der Zwangsvollstreckung, § 802 a ZPO

Ausdrücklich geregelt ist nunmehr, dass der GVZ auf eine zügige, vollständige und Kosten sparende Beitreibung hinzuwirken hat. Inwieweit angesichts der üblichen langwierigen Bearbeitungszeiten hier Haftungsansprüche durchgesetzt werden können, bleibt abzuwarten und ist sicherlich einzelfallbezogen zu beurteilen.

  1. Ziel: Gütliche  Erledigung

In jeder Verfahrenslage soll der GVZ eine gütliche Regelung anstreben. Er darf Zahlungsfristen einräumen und Ratenzahlungsvereinbarungen über möglichst max. 12 Monate schließen, sofern dies der Gläubiger nicht bereits im Vollstreckungsauftrag ausgeschlossen hat. Widerspricht der Gläubiger dem Vollstreckungsaufschub unverzüglich oder gerät der Schuldner zwei Wochen in Verzug, ist der Aufschub hinfällig.

  1. Vermögensauskunft, §§ 802 c, f, 807 ZPO

Die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung, zukünftig Vermögensauskunft genannt, soll zukünftig nicht mehr von einem vorherigen ergebnislosen Vollstreckungsversuch abhängig sein. Ausdrücklich hat der Schuldner auch seinen Geburtsnamen, -ort und sein Geburtsdatum anzugeben.

Der GVZ hat dem Schuldner zunächst eine letzte Zahlungsfrist von 2 Wochen einzuräumen aber gleichzeitig für den Fall der nicht rechtzeitigen bzw. unvollständigen Zahlung Termin alsbald nach Fristablauf zur Abgabe der Auskunft zu bestimmen. Der GVZ kann als Auskunftsort wahlweise seinen Geschäftssitz oder die Wohnung des Schuldners bestimmen. Letzterem kann der Schuldner binnen einer Woche ab Benachrichtigung widersprechen.

Das Vermögensverzeichnis wird auf die mündlichen Äußerung en des Schuldners hin vom GVZ sogleich in elektronischer Form erstellt. Dem Gläubiger ist nach Abnahme eine Abschrift zu übersenden, auf Antrag auch in elektronischer Form.

Der Gläubiger kann den GVZ auch wie bisher zunächst mit der Durchführung der Pfändung beweglicher Sachen und Vermögenswerte beauftragen. Im Falle der Fruchtlosigkeit darf der GVZ dann ohne Setzung einer nochmaligen Zahlungsfrist sofort die eidesstattliche Versicherung abnehmen.

  1. Erneute Vermögensauskunft, § 802 d ZPO

Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung konnte bislang erst nach Ablauf von 3 Jahren nach dem letzten Abgabezeitpunkt beantragt werden. Diese Frist wurde nunmehr auf 2 Jahre verkürzt. Die bisherige Zeitspanne wurde angesichts der sich immer schneller wandelnden Lebensumstände als zu lang befunden.

Eine vorzeitige wiederholte Auskunft kann wie bisher verlangt werden, wenn eine Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners durch den Gläubiger glaubhaft gemacht werden. Liegt dieser Ausnahmefall nicht vor und verlangt der Gläubiger dennoch vorzeitig Auskunft, leitet der GVZ die letzte Vermögensauskunft abschriftlich an den Gläubiger weiter und informiert den Schuldner hierüber.

  1. Zuständigkeit des GVZ, § 802 e ZPO

Ist der beauftragte GVZ örtlich unzuständig, leitet er auf Gläubigerantrag die Sache unmittelbar an den zuständigen GVZ weiter. Zuständig ist wie bislang der GVZ bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner bei Auftragserteilung seinen Wohnsitz hat.

  1. Hinterlegung beim zentralen Vollstreckungsgericht, § 802 k ZPO

Im Gegensatz zur bisherigen sehr umständlichen und aufwändigen Regelung werden zukünftig alle Vermögensverzeichnisse (i.ü. auch die gegenüber Finanzämtern abgegebenen) in elektronischer Form an einem zentralen Vollstreckungsgericht pro Bundesland hinterlegt. Das Gericht löscht die hinterlegte Fassung nach 2 Jahren oder bei Eingang einer aktuelleren Fassung.

  1. Auskunftsrechte des GVZ, § 802 l ZPO

Kommt der Schuldner seiner Auskunftspflicht nicht oder nicht hinreichend nach, darf der GVZ – sofern die zu vollstreckenden Ansprüche mindestens 500 € in der Hauptsache betragen – auf Antrag des Gläubigers Daten bei Trägern der Rentenversicherung, beim Bundeszentralamt für Steuern, bei Kreditinstituten und beim Kraftfahrzeug-Bundesamt abrufen. Hierüber hat der GVZ den Gläubiger unverzüglich, den Schuldner innerhalb von 4 Wochen zu informieren.

  1. Vereinfachter Vollstreckungsauftrag bei Vollstreckungsbescheiden, § 829 a ZPO

In bestimmten Fällen soll zukünftig bei der Vollstreckung aus Vollstreckungsbescheiden die Einreichung der Antragsunterlagen in elektronischer Form genügen.

  1. Schuldnerverzeichnis, §§ 882 b-f ZPO

Das Schuldnerverzeichnis wird zukünftig beim zentralen Vollstreckungsgericht des Bundeslandes geführt, so dass sich die bislang erforderlichen zahlreichen Anfragen bei verschiedenen Gerichten, in deren Bezirk der Schuldner seinen Wohnsitz hatte, erübrigt. Darin sind auch die Mitteilungen des Insolvenzgerichts über mangels Masse abgewiesene Anträge auf Eröffnung von Insolvenzverfahren aufzunehmen. Der Inhalt kann im Internet eingesehen werden. Das berechtigte Interesse für eine Einsicht ist vorab glaubhaft zu machen. Es besteht insbesondere für Fälle der Zwangsvollstreckung und zur Abwendung wirtschaftlicher Nachteile, die durch Nichterfüllung von Zahlungspflichten durch den Schuldner drohen können. Daraus kann entnommen werden, dass Vermieter vor Abschluss eines Mietvertrages mit dem Mietinteressenten dessen Bonität auch auf diese Weise prüfen dürfen. Durch die Regelung wird die neue Funktion des Schuldnerverzeichnisses als Auskunftsregister über die Kreditwürdigkeit hervorgehoben, vgl. Bundesratsdrucksache 304/08. Zukünftig werden sämtliche bekannten bisherigen Wohnsitze mit registriert.

  1. Übergangsvorschrift

Die vorstehenden Regelungen treten erst am 01.01.2013 in Kraft. Die Bundes- und Landesregierungen können bis dahin aufgrund bereits in Kraft getretener Teilermächtigungen Ausführungsverordnungen erlassen.

Weitere Änderungen betreffen die Abgabenordnung, Gesetze zur Verwaltungsvollstreckung und kostenrechtliche Bestimmungen.

Noreen Walther
Rechtsanwältin

im Kanzleiforum 03/2010

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz