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Recht auf bauliche Veränderungen kraft Sondernutzungsrechts?

Gesetzliche Regelungen zur Einräumung, Ausgestaltung und den Grenzen von Sondernutzungsrechten finden sich im WEG nicht. Nach einhelliger Meinung (vgl. Bärmann/Seuß – Schneider, Praxis des Wohnungseigentums, 6. Auflage 2013, Rn. 390 ff.)  wird zumindest das Sondernutzungsrecht einem Sondereigentümer an bestimmten Bereichen des Gemeinschaftseigentums kraft schuldrechtlicher oder dinglicher Vereinbarung aller Eigentümer eingeräumt und umfasst die Befugnis zur alleinigen Nutzung unter Ausschluss der anderen Sondereigentümer.

Gegenstand zahlreicher gerichtlicher Entscheidungen ist jedoch die Frage, ob das Sondernutzungsrecht auch die Befugnis beinhaltet, den Sondernutzungsbereich baulich umzugestalten. Nach überwiegender Meinung besteht hierzu – wie grds. im Bereich des Gemeinschaftseigentums wegen § 22 Abs. 1 WEG – keine Befugnis.

Die Zustimmung der anderen Eigentümer zu baulichen Veränderungen kann jedoch sowohl ausdrücklich in der Einräumung des Sondernutzungsrechts geregelt als auch konkludent erteilt werden. Der BGH unterstellt eine solche Zustimmung, „…soweit bauliche Veränderungen Eingang in die Beschreibung des Sondernutzungsrechts gefunden haben oder wenn sie nach dem Inhalt des jeweiligen Sondernutzungsrechts üblicherweise vorgenommen werden und der Wohnungseigentumsanlage dadurch kein anderes Gepräge verleihen…“, BGH Urteil vom 02.12.2011, Az. V ZR 74/11. Jeder Einzelfall ist gesondert zu betrachten, vgl. Dötsch in Beck´scher Onlinekommentar WEG Stand 01.05.2014, § 15 Rn. 369 m. w. N..

Wird bspw. ein Sondernutzungsrecht an einer Gartenfläche eingeräumt, umfasst dies auch die Befugnis zur gärtnerischen Nutzung, also zur Anlegung von Gemüsebeeten, eine Schaukel oder Gartenmöbel aufzustellen – aber nicht zu Änderungen des Gesamtbildes der Anlage, vgl. Bärmann / Klein, WEG 12. Auflage2013, § 13 Rn. 98 m. w. N.  Letzteres – und damit unzulässig ohne gesonderte Zustimmung aller betroffenen Eigentümer – wäre die Errichtung von Gartenhäusern oder Carports (vgl. ders. ebd.), die Errichtung einer Gabionenwand (LG Frankfurt / M., ZWE 2014, 221), einer Pergola (LG Frankfurt / M., ZWE 2014, 327), eines Pools oder eines Pkw-Stellplatzes, vgl. Bärmann/Seuß/Schneider, 6. Auflage 2013, Rn. C 407 ff.; eines Skulpturengartens (LG Hamburg ZWE 2013, 265).  Sehr umstritten ist, ob ein Zaun errichtet werden darf, vgl. Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums 2010, Rn. 127; LG Itzehoe Az. 11 S 26/10. In jedem Falle müsste dieser aber ortsüblich und angemessen gestaltet sein, vgl. OLG Köln Beschluss vom 16.04.2008, Az. 16 Wx 33/08.

Ein Sondernutzungsrecht an einem Pkw-Stellplatz berechtigt nicht zur Errichtung eines Carports, BayObLG NZM 2003, 199, oder sonstiger Abgrenzungen, die Nachbarn beim Einparken stören.

Da das Sondernutzungsrecht kraft Vereinbarung übertragen wird, können in dieser Vereinbarung – meist also in der Teilungserklärung – auch die Pflichten des Sondernutzungsberechtigten (z.B. Übernahme der Kosten- und Lastentragung, der Verkehrssicherungs- sowie der Instandhaltungspflicht) geregelt werden. Ohnedem gilt nämlich weiterhin der Grundsatz der gemeinschaftlichen Kosten- und Lastentragung, da es sich um gemeinschaftliches Eigentum handelt, § 16 Abs. 1 WEG.

Noreen Walther

Rechtsanwältin

im Kanzleiforum 09/2014

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz