Neues Fernwärmerecht aufgeschoben
Die Energie- und Wärmewende setzt im Gebäudebereich auf den verstärkten Einsatz von Fernwärme, was aber voraussetzt, dass dafür gesetzliche Rahmenbedingungen existieren, die den rechtssicheren Umstieg auf Wärmelieferung ermöglichen. Zugleich müssen die Rahmenbedingungen für den Abschluss rechtssicherer Lieferverträge vorhanden sein, wobei die rechtlichen Vorgaben sowohl die Interessen der Versorger als auch der Kunden ausreichenden berücksichtigen und ausgleichen sollten.
Letzteres war Gegenstand der beabsichtigten Änderung der AVB Fernwärmeverordnung. Im August 2024 war dazu ein Referentenentwurf veröffentlicht und eine Verbändeanhörung durchgeführt worden. Im Ergebnis der Anhörung hatte des Bundeswirtschafts- und Klimaministerium einen überarbeiteten Referentenentwurf Ende November 2024 herausgegeben, der jedoch insbesondere auf Seite der Wärmelieferanten auf Kritik gestoßen ist.
Im Ergebnis wurde nun Mitte Dezember 2024 bekannt, dass eine Änderung der AVBFernwärmeV wohl in der aktuellen Legislaturperiode nicht mehr erfolgen wird.
Es ist zwar richtig, dass gerade das Spannungsfeld hoher Investitionen und daraus resultierender möglichst langfristiger Vertragsbeziehungen auf der einen Seite und der Komplexität von ausgewogenen Preisänderungsregelungen nicht im Eilverfahren gelöst werden sollte. Andererseits führt der aktuelle Rechtsrahmen insbesondere bei der Frage von Anschlusswerteänderungen und Preisänderungen immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten, die bei der Entscheidung zur Umsetzung neuer Fernwärmeprojekte nicht förderlich sind.
Nach der aktuell gültigen Fassung der AVBFernwärmeV können Kunden sehr umfassend einseitig die Anschlusswerte in bestehenden Wärmelieferungsverträgen ändern, was häufig zur Absenkung der Grundpreise und damit zur Änderung einer wichtigen Kalkulationsgröße der Wärmelieferanten führt. Wärmelieferanten versuchen daher, die entsprechenden Rechte bei der Anpassung oder dem Neuabschluss von Lieferverträgen auszuschließen. Hier braucht es aber einen Ausgleichmechanismus, der die Interessen beider Vertragsseiten berücksichtigt und der derzeit jedenfalls nicht vom Gesetzgeber bereitgestellt wird.
Ähnlich verhält es sich bei den Preisänderungsregelungen, die in der bisherigen Form insbesondere wegen der Energiepreisrallye der letzten Jahre zu teilweise unangemessenen Preisanpassungen zu Lasten der Kunden geführt haben. Nach den Vorgaben in § 24 Abs.4 AVBFernwärmeV und der darauf aufbauenden Rechtsprechung des BGH ist klar, dass die Preisänderungsklauseln sowohl die Kostenentwicklung der tatsächlich eingesetzten Energieträger berücksichtigen muss, als auch die Preisentwicklung des gesamten Wärmemarktes. Wie dies genau zu geschehen hat, ist aber weiterhin weitgehend unklar, sodass es in vielen Vertragsverhältnissen zu Unklarheiten kommt.
Die Klärung dieser Probleme wäre daher tatsächlich ein großer Schritt für die Ausweitung der Fernwärme im Rahmen der Wärmewende.
Die Regierung der nächsten Legislaturperiode sollte daher möglichst schnell das Projekt einer Änderung der AVBFernwärmeV wieder aufgreifen und gleichzeitig dafür sorgen, dass auch die Regelungen des § 556c BGB in Verbindung mit der Wärmelieferverordnung den aktuellen Bedürfnissen angepasst werden. Derzeit berücksichtigen diese Regelungen die rasanten Entwicklungen insbesondere beim CO2-Preis und die erhöhten technischen und investiven Anforderungen der Wärmewende nicht und verhindern dabei sinnvolle und erforderliche Projekte.
Martin Alter
Rechtsanwalt