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Neue gesetzliche Regelungen zum Mietspiegel in Kraft getreten

Am 01.07.2022 sind neue gesetzliche Reglungen in Kraft getreten, die der wachsenden Bedeutung von Mietspiegeln als wichtigstes Instrument der Darstellung der ortsüblichen Vergleichsmiete Rechnung tragen sollen.

Es handelt sich um drei unterschiedliche Regelungswerke.

Da ist zum einen das Mietspiegelreformgesetz, das die § 558 c und 558 d BGB ändert. Eingeführt wird die gesetzliche Verpflichtung von Gemeinden über 50.000 Einwohner, einen Mietspiegel zu erstellen. Ebenso wird nunmehr die Pflicht zur Veröffentlichung der Mietspiegel normiert. Des Weiteren werden zur Erhöhung der Rechtssicherheit qualifizierter Mietspiegel die Grundsätze der Erstellung auf das Wesentliche, eben die wissenschaftlichen Grundsätze, reduziert. Haben die nach Landesrecht zuständigen Behörden und die Interessenvertreter der Vermieter und Mieter den Mietspiegel als qualifiziert anerkannt, so wird zukünftig vermutet, dass er anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen entspricht.

Diese Grundsätze sind nunmehr in der ebenfalls in Kraft getretenen Mietspiegelverordnung näher ausgestaltet worden. Die Verordnung enthält erstmals zwingende Regelungen zur Erstellung von Mietspiegeln, zu ihrem Inhalt, zur Veröffentlichung, Dokumentation der Erstellung und zu ihrer Fortschreibung bzw. Anpassung. Es soll eine Erhöhung der Rechtssicherheit durch Vorgabe von Standards erreicht werden, bei deren Einhaltung von formell ordnungsgemäß erstellten Mietspiegeln ausgegangen werden kann. Dies hat zur Folge, dass in einem Streitverfahren nicht mehr die Partei, die sich auf die Werte des Mietspiegels beruft, beweisen muss, dass der Mietspiegel qualifiziert ist.

Hier greift dann die gesetzlich normierte Vermutung des § 558 d Abs. 1 S. 2 und damit die gesetzlich gewollte Beweislastumkehr zu Gunsten der Partei, die sich auf den qualifizierten Mietspiegel beruft.

Die Verordnung ist geteilt in Vorschriften für einfache und qualifizierte Mietspiegel.

Für einfache Mietspiegel sind wenige Regelungen enthalten. Die Erstellung und Anpassung sind an kein Verfahren gebunden. Erstmals ist jedoch geregelt, dass die Erstellung und Anpassung und die dafür verwendeten Grundlagen in Grundzügen zu dokumentieren sind. Aus der Dokumentation soll nachvollziehbar sein, wie die ausgewiesenen Werte ermittelt worden sind. Vorgeschrieben ist jetzt auch eine kostenfreie Veröffentlichung im Internet.

Der größere Teil der Verordnung befasst sich mit den Anforderungen an qualifizierte Mietspiegel.

Vorgeschrieben ist eine Primärdatenerhebung. Das heißt, die Daten müssen zum Zweck der Mietspiegelerstellung direkt erhoben werden. Hier kommt der ebenfalls zum 01.07.2022 vorgenommenen Änderung des Art. 238 § 2 EGBGB große Bedeutung zu, die u. a. in § 2 eine Auskunftspflicht für Mieter und Vermieter zur Erstellung qualifizierter Mietspiegel enthält. Mit der Neuregelung soll eine höhere Rücklaufquote bei der Befragung von Vermietern und Mietern erreicht werden, um die Qualität der Daten zu verbessern und den Mietspiegel möglichst realitätsnah erstellen zu können.

Es sind Regelungen zur Datenerhebung, zur Datenauswertung, zum Inhalt des Mietspiegels und zur Dokumentation und Veröffentlichung enthalten, wobei in jeder dieser Phasen die wissenschaftlichen Grundsätze eingehalten werden müssen. Andernfalls soll es sich um einen einfachen Mietspiegel handeln.

Die Anpassungsfrist qualifizierter Mietspiegel ist, entgegen der ursprünglich vorgesehenen Verlängerung auf drei Jahre, nicht geändert worden. Gemäß § 558 d Abs. 2 sind qualifizierte Mietspiegel auch weiterhin nach zwei Jahren der Marktentwicklung anzupassen. Zulässig sind die Fortschreibungen mittels Stichprobe oder Index. Nach vier Jahren muss der Mietspiegel neu erstellt werden. Maßgeblich für diese Fristen ist nicht die Veröffentlichung des Mietspiegels, sondern der sich aus dem Textteil des Mietspiegels ergebende Stichtag der Datenerhebung.

Die Verordnung schreibt im Übrigen erstmals den Zeitraum, der zwischen Datenerhebung und Veröffentlichung liegen darf, vor. Der Mietspiegel muss spätestens nach 9 Monaten ab dem Stichtag der Datenerhebung veröffentlicht sein.

Für alle drei zum 01.07.2022 in Kraft getretenen Reglungswerke sind keine Übergangsvorschriften vorgesehen, so dass die Normen ab sofort auf alle existierenden Mietspiegel Anwendung finden.

 

Angela Glöckner
Dipl.-Juristin