>

Große Herausforderungen für die Messdienste

Die Messdienstbranche steht vor großen Herausforderungen bei der Umsetzung der neuen Heizkostenverordnung. Der Vorstandsvorsitzende des Kooperationsverbundes unabhängiger Messdienstunternehmen e.V., Herr Burkhard Inreiter, beantwortet dazu die Fragen von Rechtsanwalt Martin Alter.

 

Herr Inreiter, wie steht es um die Änderung der Heizkostenverordnung? Wann wird sie wirksam werden?

Inreiter: Leider lässt die Umsetzung der Heizkostenverordnung schon sehr lange auf sich warten. Eigentlich war sie ja nach der EU-Energieeffizienzrichtlinie für den 25. Oktober 2020 vorgesehen. Das hat der deutsche Verordnungsgeber leider nicht geschafft. Im März wurde dann ein Referentenentwurf für die Anhörung der Verbände veröffentlicht. Der aktuelle Stand sieht nun so aus, dass ein überarbeiteter Referentenentwurf vom 26. April 2021 zur Prüfung in Brüssel liegt. Diese Prüfung wird ca. 3 Monate in Anspruch nehmen und danach kann der Verordnungsentwurf ins Parlament gehen. Eine Verabschiedung ist nun wohl frühestens Ende September 2021 möglich. Wir rechnen im Verband damit, dass die Verordnung bis zum Jahreswechsel 2021/2022 in Kraft tritt.

 

Das wird ja höchste Zeit. Schließlich werden zu Beginn 2022 auch für die Wohnungsnutzer erhebliche Neuerungen vorgesehen.

Inreiter: Das ist richtig. Neben der Einführung von unterjährigen Verbrauchsinformationen muss ja dann auch die Umlage der CO2-Kosten geregelt sein. Allerdings sieht gerade zu dem letzten Punkt die Heizkostenverordnung keinerlei Regelung vor. Die Bundesregierung hat sich erst jetzt im Mai 2021 dazu festgelegt, dass die Kosten der CO2-Bepreisung jeweils zur Hälfte vom Mieter und vom Eigentümer einer Wohnung getragen werden sollen. Wie das Ganze umgesetzt wird, ist noch nicht klar. Im Referentenentwurf zur Heizkostenverordnung findet sich dazu jedenfalls keine Aussage. Wir sind aber ohnehin der Meinung, dass eine Regelung dazu ins Mietrecht gehört. Klar ist aber, dass auch die Verteilung der CO2-Kosten, d. h. auch deren Ermittlung und Aufteilung, Aufgabe der Messdienste sein wird.

 

Was muss man sich denn unter den unterjährigen Verbrauchsinformationen vorstellen?

Inreiter: Das ist im Prinzip der Kernpunkt der neuen Heizkostenverordnung. Die EU-Energieeffizienzrichtlinie hat das Ziel ausgegeben, dem Mieter kurzfristige Informationen zu seinem tatsächlichen Energieverbrauch für Warmwasser und Heizung zu geben. Es wird davon ausgegangen, dass durch regelmäßige Informationen über den Energieverbrauch eine bessere Steuerung des Energieverbrauchs durch den Mieter möglich wird. Es soll auch dadurch der Anreiz von Energieeinsparungen gesetzt werden. Untersuchungen dazu unter anderem von der Deutschen Energieagentur DENA haben ergeben, dass durch kurzfristige und unterjährige Informationen über den tatsächlichen Verbrauch Einsparungen bis zu 12 % bei der   Heizenergie in Wohngebäuden möglich sind. Die durchschnittlichen Kosten für eine 80 m² Wohnung lagen nach den Feststellungen des Deutschen Mieterbundes im Betriebskostenspiegel zumindest im Jahr 2018 bei knapp 990 € im Jahr. Wenn das Einsparpotenzial ausgeschöpft wird, können Mieter demnach bis zu 120 € im Jahr sparen.

Die Verbrauchsinformationen sollen nach dem Referentenentwurf der Verordnung monatlich den Mietern übermittelt werden. Das bedeutet, dass sie nicht nur irgendwo in einem Portal abgerufen werden können, sondern dass die Mieter aktiv informiert werden müssen.

Das kann sicher durch eine E-Mail oder eine Push-Nachricht auf dem Handy erfolgen, wenn die Mieter diesem Kommunikationsweg zustimmen. Ansonsten wird wohl ein Brief per Post versendet werden müssen.

Der Mieter erhält Informationen zum Verbrauch im vorausgegangenen Monat, einen Vergleich zu seinem Verbrauch im davorliegenden Monat und im gleichen Monat des Vorjahres. Dazu soll noch ein Vergleich zu einem Durchschnittsnutzer einer vergleichbaren Wohnung gezogen werden. Die Messdienste haben auch die Möglichkeit, mit Zustimmung der Mieter weitere Informationen, wie z. B. den anonymisierten Vergleich im Gebäude oder Hinweise zur Energieeinsparung, bereitzustellen.

 

Das klingt nach einem hohen Aufwand. Schließlich müssen ja die Verbräuche dann monatlich aufbereitet werden.

Inreiter: Genau das ist die größte Herausforderung für unsere Mitgliedsunternehmen. Die monatlichen Daten müssen ja erst einmal ermittelt werden. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Daten mindestens monatlich von den Messgeräten abgelesen werden. Da sich niemand wünscht, einen monatlichen Ablesetermin in der Wohnung durchzuführen, hat bereits die Energieeffizienzrichtlinie vorgesehen, dass die monatliche Bereitstellung dann erfolgen soll, wenn die Geräte zur Verbrauchserfassung fernablesbar sind. Gleichzeitig hat die Energieeffizienzrichtlinie aber auch vorgegeben, dass ab dem Inkrafttreten der Heizkostenverordnung nur noch fernablesbare Geräte eingebaut werden dürfen.

 

Das bedeutet also, dass die Verbrauchsmessgeräte durch Funkgeräte ersetzt werden müssen?

Inreiter: Der Verordnungsgeber versucht hier technologieoffen zu sein. Es kann daher auch eine Verkabelung der Geräte erfolgen. Zudem will der Verordnungsgeber durchsetzen, dass die Messgeräte an das Smartmetergateway, eine besonders sichere Kommunikationseinheit für die Datenübertragung von Strom- und Gaszählern, angebunden werden können.

 

Insgesamt klingt das nach einem sehr hohen wirtschaftlichen Aufwand für die Messdienste. Wird sich das auf die Kosten für die Messdienstleistungen auswirken?

Inreiter: Bereits aus den vergangenen Jahren gibt es gute Erfahrungen mit der Umstellung auf fernablesbare Messgeräte. Sicherlich entstehen dadurch höhere Kosten für die Geräte, die meistens als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden. Allerdings wurde dieser Effekt bei einer jährlichen Ablesung durch die Einsparungen bei Verbrauchsablesung zum Teil ausgeglichen. Die monatliche Ablesung wird nur dann wirtschaftlich für die Messdienste durchführbar sein, wenn sie voll automatisiert erfolgt. Auch die anschließende Verarbeitung und Bereitstellung der unterjährigen Verbrauchsinformationen ist nur dann wirtschaftlich realisierbar, wenn sie voll digitalisiert und automatisiert stattfindet. Dafür müssen natürlich erst die entsprechenden Infrastrukturen für die Übertragung, die notwendigen Datenbanken und natürlich auch die Software geschaffen werden.

Nach den Überlegungen der EU und des deutschen Verordnungsgebers können die Kosten für die unterjährigen Verbrauchsinformationen als Heizkosten auf die Mieter umgelegt werden.

Sowohl aus dem Bundeswirtschaftsministerium als auch aus den Kreisen unserer Mitgliedsunternehmen haben wir Informationen, dass der Preis für die monatlichen Verbrauchsinformationen je nach Art der Übermittlung (App, Portal, E-Mail oder Post) bei ca. 2 € pro Wohnung und Monat liegen wird. Im Jahr sind das dann ca. 24 € pro Wohnung. Im Vergleich zu dem Einsparvolumen für den einzelnen Haushalt in Höhe von durchschnittlich 120 € sollte dieser Betrag auch für Mieter akzeptabel sein.

 

Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch Herr Inreiter!

 

Martin Alter

Rechtsanwalt