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Fristlose Kündigung des Dauernutzungsverhältnisses nach Ausschluss aus der Genossenschaft

Der Ausschluss von Mitgliedern aus dem Bestand der Wohnungsgenossenschaften durch Beschluss des Vorstandes und der Mitglieder- bzw. Vertreterversammlung ist ein bekanntes und übliches Mittel, um Genossen, die dem Sinn des Genossenschaftszwecks zuwiderhandeln, aus dem eigenen Bestand zu entfernen. So sollen schadhaftes Verhalten und Diskreditierung von den Genossenschaften ferngehalten werden. Die Gründe hierfür sind in den jeweiligen Satzungen darzustellen, § 68 GenG.

Problem

Mit dem wirksamen Ausschluss des Mitglieds besteht jedoch zunächst das weitere Rechtsverhältnis – das Dauernutzungsverhältnis / Mietverhältnis – mit dem Ausgeschiedenen fort. Dieses bedarf jedoch einer separaten Beendigung bzw. Kündigung, wobei hier die für die Wohnungsmiete maßgeblichen Vorschriften beachtet werden müssen. Gemäß § 573 Abs. 1 BGB kann ein Wohnraummietverhältnis unter anderem auch dann gekündigt werden, wenn der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Dieses zu begründen, ist oftmals schwierig und mühsam, wenn der Mieter sich im Mietverhältnis bis zum Ausschluss aus der Genossenschaft stets vorbildlich verhalten hatte (keine Rückstände, keine sonstigen Vertragsverstöße).

Möglichkeit

Ist der Grund des Ausschlusses aus der Genossenschaft jedoch so gravierend, dass auch das Vertrauen im Mietverhältnis erheblich erschüttert ist oder wahrscheinlich sein kann, dürfte sich der Ausschlussgrund der Satzung auch als Grund für eine wirksame fristlose Kündigung des Wohnraummietverhältnisses gemäß § 543 Abs. 1 BGB auswirken. Der Vermieter muss dabei alle Umstände im jeweiligen Einzelfall unter Abwägung der beiderseitigen Interessen berücksichtigen, die eine Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar machen.

An dieser Stelle ist das interessante Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 06.11.2014 (Az.: 21 S 48/14) anzuführen. Im hier entschiedenen Fall hatte es zwischen Mieter und Vermieter stets Reibereien und gegenseitige Beschuldigungen gegeben. Letztlich hatte der dort verklagte Mieter dann grundlos Strafanzeige gegen die Vermieterin gestellt, um vermeintliche Ansprüche im Mietverhältnis durchsetzen zu können. Das Landgericht sah dies als eine solch gravierende Pflichtverletzung an, dass dadurch das dem Mietverhältnis zugrunde liegende Vertrauensverhältnis zerstört war. Mit Blick auf einen sehr ähnlichen Fall – aktuell in unserer Kanzlei betreut –  besteht mit diesem Urteil daher eine Möglichkeit, im Falle des Streites mit dem unliebsamen Mitglied (welches z. B. beleidigt, falsche Tatsachen behauptet oder grundlos Strafanzeigen gegen Vorstand oder Aufsichtsrat erstattet, um dessen Ansehen zu schaden) den Ausschlussgrund auf das Mietrechtsmerkmal „Vertrauensverhältnis“ bzw. „berechtigtes Interesse“ durchschlagen zu lassen. Hierfür muss jedoch lückenlos und zweifelsfrei dokumentiert sein, was dem Mitglied in welchem Ausmaß vorgeworfen werden kann.

Selbstverständlich ist dies nur ein Fall, der wegen der seiner Aktualität zu nennen ist, gleichwohl dürften auch weitere Gründe, soweit sie denn evident sind, existieren, die eine Auflösung beider Rechtsverhältnisse aufgrund desselben Vorfalls rechtfertigen. So kommen z. B. auch ehrverletzende Äußerungen oder belegbare Falschaussagen in Mietrechtsstreitigkeiten / Mitgliederversammlungen in Betracht. Es wird jedoch betont, dass dies stets einzelfallbezogen und nicht pauschaliert angewandt werden kann.

Sollte die Genossenschaft als Vermieter keine Möglichkeit haben, auch das Mietverhältnis mit dem Nichtmitglied zu beenden, besteht bekanntlich meist nur die Möglichkeit der Wohnungskündigung, falls ein (anderes) Genossenschaftsmitglied die gegenständliche Wohnung für seinen eigenen Bedarf benötigt (BGH, Urteil v. 10.9.2003 – VIII ZR 22/03).

Sebastian Tempel

Rechtsanwalt

im Kanzleiforum 06/2015

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz