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EuGH: Preisänderungsklausel in StromGVV und GasGVV unwirksam

Laut dem Jahresbericht 2013 der Bundesnetzagentur haben rund 37 Prozent der Haushaltskunden einen Grundversorgungstarif beim örtlichen Versorger. Solche Strom- und Gaslieferverträge mit Letztverbrauchern in der Grundversorgung basieren auf den Vertragsregelungen der Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV) bzw. der Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV).

In den §§ 5 Abs. 2 der Verordnungen ist jeweils ein Preisänderungsrecht für die Versorgungsunternehmen vorgesehen. Auf diese Regelung wurde in der Vergangenheit auch oft in Sonderverträgen Bezug genommen. Dazu hat der BGH auf der Grundlage einer vorangehenden EuGH-Entscheidung bereit im Jahr 2013 entschieden, dass die Regelung aus den §§ 5 Abs. 2 in Sonderverträgen wegen der fehlenden Transparenz unwirksam ist.

Bislang wurde aber davon ausgegangen, dass die Regelung für Grundversorgungsverträge weiter anwendbar bleibt. Der EuGH hat nunmehr in seinem Urteil vom 23.10.2014 (Rechtssachen C- 359/11 und C-400/11) festgestellt, dass die Regelung auch im Anwendungsbereich der Verordnungen (also der Grundversorgung) nicht den europarechtlichen Vorgaben entsprechend und damit nicht wirksam ist. Eine europarechtskonforme Regelung müsse vorsehen, dass die Verbraucher rechtzeitig vor Inkrafttreten einer Tarifänderung über deren Anlass, Voraussetzungen und Umfang informiert werden.

Die entsprechenden Informationspflichten fehlten in den Verordnungen. Der BGH wird diese Rechtsprechung sicher in seiner Rechtsprechung übernehmen, was dazu führt, dass die Preisänderungen in der Vergangenheit nicht durchgesetzt werden können.

Der EuGH hat in seiner Entscheidung auch nicht die Rückwirkung seiner Entscheidung ausgeschlossen. Hier dürfte aber weiterhin die Rechtsprechung des BGH eingreifen, nach der eine Rückwirkungssperre für die Geltendmachung der Unwirksamkeit der durchgeführten Preisänderungen von drei Jahren gilt.

Die Bundesregierung hat bereits am 10.10.2014 eine Verordnung zur transparenten Ausweisung staatlich gesetzter oder regulierter Preisbestandteile in der Strom- und Gasgrundversorgung beschlossen.  Danach hat der Versorger bei einer Preisänderung  den Umfang, den Anlass und die Voraussetzungen der Änderungen mitzuteilen. Die Änderung in den Grundversorgungsverordnungen ist bereits am 30.10.2014 in Kraft getreten. Durch die schnelle Reaktion des Gesetzgebers ändert sich jedoch nichts an der Unwirksamkeit von Preisänderungen in der Vergangenheit.

Die Rechtsprechung hat darüber hinaus auch Auswirkung auf die Beurteilung von Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen. Selbst wenn dort ein einseitiges Preisänderungsrecht vorgesehen ist, sind die entsprechenden Klauseln nur wirksam, wenn eine Pflicht zur Information über Anlass, Voraussatzungen und Umfang der Änderungen vor deren Wirksamwerden enthalten ist. Daran dürfte es in vielen Vertragswerken fehlen.

Martin Alter

Rechtsanwalt

im Kanzleiforum 12/2014

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz