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Erweiterung des Rechts zum Mitgebrauch

In Mietverträgen finden sich häufig Regelungen, nach denen der Mieter neben der eigentlichen Mietsache einzelne Räume oder Einrichtungen mitbenutzen darf, die vom Mietvertrag jedoch nicht umfasst sein sollen. Meist betrifft das Räume, wie ein Dachbodenabteil, einen Kellerraum oder eine Gartenfläche. Nachfolgend sollen die rechtlichen Möglichkeiten derartiger Bestimmungen aufgezeigt werden.

Zur rechtlichen Beurteilung solcher Regelungen muss zunächst deren Rechtsnatur geklärt werden. Zwischen Rechtsprechung und herrschender Lehre in der Literatur ist strittig, ob es sich bei einem Gebrauchsrecht, das über den Mietvertrag hinausgeht, um einen im Mietvertrag geregelten Leihvertrag (so u.a. Amtsgericht Dresden vom 09.07.2018 – 142 C 1408/18) oder um ein Gestattungsrecht ohne vertraglichen Anspruch handelt.

Mit seiner Entscheidung vom 04.10.2022 – VIII ZR 394/21 – hat sich der BGH der Gestattungsthese angeschlossen. In beiden Fällen kommt es jedoch auf die Umstände des Einzelfalls und insbesondere darauf an, ob der zur Nutzung überlassene Gebäude- oder Grundstücksteil in der Beschreibung des Mietgegenstands erwähnt und üblicherweise mitvermietet wird oder nicht. Vor allem muss deutlich werden, dass der Vermieter den überlassenen Gebäude- oder Grundstücksteil gerade nicht mitvermieten, sondern dessen Benutzung lediglich unentgeltlich und auf Widerruf gestatten will.

Das soll nach Ansicht des BGHs trotz entgegenstehendem Willen des Vermieters nicht der Fall sein, wenn der Mietvertrag ausdrücklich auf das Wohnungsübergabeprotokoll vor Mietbeginn Bezug nimmt und das Übergabeprotokoll die Schlüsselübergabe zu einem Fahrradkeller protokolliert. Aufgrund der Bezugnahme soll der Fahrradkeller Bestandteil des Mietvertrags geworden sein, was einen Widerruf ausschließt (vgl. BGH, Beschluss v. 12.10.2021 – VIII ZR 51/20). Zur Vermeidung von Unklarheiten sollte das Gestattungsrecht im Mietvertrag daher ausdrücklich geregelt und bestimmt werden, dass der zur Nutzung überlassene Gebäude- oder Grundstücksteil nicht Mietvertragsbestandteil werden soll. Bezugnahmen im Übergabeprotokoll sollten vorsichtshalber unterbleiben oder allenfalls in einem gesonderten Protokoll erfolgen.

Im Fall der Gestattung wird der zur Nutzung überlassene Gebäude- oder Grundstücksteil nicht in den Mietvertrag einbezogen, sodass dem Mieter bei einem Mangel kein Mietminderungsrecht nach § 536 BGB zusteht, sofern der Mangel nicht auch zu einer erheblichen Minderung der Tauglichkeit der Mietsache selbst führt.

Bei einer Gestattung kann der Vermieter nach Ansicht des BGHs das Nutzungsrecht einzeln widerrufen. Darin liegt ein bedeutender Unterschied zum Mietvertragsrecht. Nach § 573 b Abs. 1 BGB kann der Vermieter nämlich nicht zum Wohnen bestimmte Nebenräume oder Teile eines Grundstücks ohne ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 573 BGB nur kündigen, wenn er die Kündigung auf diese Räume oder Grundstücksteile beschränkt und sie dazu verwenden will entweder Wohnraum zum Zwecke der Vermietung zu schaffen oder den neu zu schaffenden und den vorhandenen Wohnraum mit Nebenräumen oder Grundstücksteilen auszustatten. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam, § 573 b Abs. 5 BGB.

In Rechtsprechung und Literatur ist zwar umstritten, ob der Widerruf eines Gestattungsrechts frei nach dem Ermessen des Vermieters oder nur bei einem sachlichen Grund erfolgen darf. Nach dem Landgericht Berlin, Urteil vom 02.11.2021 – 67 S 113/21, muss ein sachlicher Grund jedoch gegeben sein, der bspw. in einem unwirtschaftlichen oder unverhältnismäßigen Aufwand für den Vermieter durch die Bereitstellung und Instandhaltung des Gebäude- oder Grundstücksteils liegen kann.

Nach Beendigung des Gestaltungsrechts müssen Vermieter beachten, dass der mietrechtliche Anspruch auf Räumung der zur Nutzung überlassenen Gebäude- oder Grundstücksteile nicht besteht. Der verbleibende reine Herausgabeanspruch folgt als Eigentumsimmanentes Recht aus § 985 BGB. Um den Herausgabeanspruch um einen Räumungsanspruch zu erweitern, sollte ein solcher bei der inhaltlichen Regelung des widerruflichen Gestattungsrechts im Mietvertrag sogleich mitvereinbart werden.

 

Eva-Maria Meichsner
Rechtsanwältin