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Die neue Rechtslage bei Schönheitsreparaturen seit den Urteilen des BGH vom 08.07.2020

Der BGH hat in zwei Urteilen am 08.07.2020 wiederum eine völlige Kehrtwende zu Schönheitsreparaturpflichten vollzogen, Az. VIII ZR 270/18; VIII ZR 163/18.

 

Nach dem Gesetz schuldet der Vermieter die Überlassung der Mietsache in vertragsgemäßem Zustand sowie die Erhaltung dieses Zustands, § 535 S. 2 BGB. Was als vertragsgemäß gilt, beurteilt sich nach den Vereinbarungen der Parteien, hilfsweise nach der Verkehrssitte bzw. Ortsüblichkeit.

Soll der Mieter schönheitsreparaturpflichtig sein, muss er dazu vertraglich wirksam verpflichtet werden. Die Rechtsprechung hat seit 2005 zahlreiche Unwirksamkeitsgründe in Schönheitsreparaturklauseln aufgedeckt. Im Urteil vom 18. März 2015 zu VIII ZR 185/14 stellte der BGH fest, dass allein die Überlassung der Wohnung in einem renovierungsbedürftigen Zustand schon zur Unwirksamkeit einer Formularklausel führe, wenn dem Mieter nicht gleichzeitig ein angemessener Ausgleich dafür gewährt werde, dass er durch Übernahme von Dekorationspflichten auch Spuren der Abnutzung des Vormieters beseitigen müsse.

Nunmehr hatte der BGH darüber zu entscheiden, was Rechtsfolge aus dieser Klauselunwirksamkeit ist. Klar war bislang schon, dass mangels wirksamer Klausel der Mieter nicht ausführungspflichtig geworden ist. In den o. g. Urteilen hatten die Mieter ihrerseits jedoch den Vermieter aufgefordert, Schönheitsreparaturen auszuführen. Weil der Vermieter dem nicht Folge leistete, klagten die Mieter Vorschüsse für die entsprechenden Kosten der Ersatzvornahme ein.

 

Der BGH stellte fest:

  1. Ist die Mietvertragsklausel unwirksam, gilt das Gesetz, § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Damit trifft den Vermieter die Instandhaltungslast.
  2. Wozu der Vermieter konkret verpflichtet ist, bestimmt sich nach dem Zustand, den die Vertragsparteien bei Mietvertragsbeginn als vertragsgemäß vereinbart haben.
  3. Wurde die Wohnung unrenoviert / renovierungsbedürftig überlassen, gilt im Zweifel dieser Zustand als vertragsgemäß.
  4. Tritt im Laufe des Mietvertrages eine wesentliche Verschlechterung des Zustandes ein (z. B. im Fall des BGH nach 25 Jahren Abnutzung), kann der Mieter den Vermieter auf Instandsetzung in Anspruch nehmen.
  5. Theoretisch müsste der Vermieter den (weniger abgenutzten aber dennoch auch nicht frisch renovierten Zustand) bei Übergabe wiederherstellen. Weil das unsinnig und auch nicht möglich wäre, hat der Vermieter die Wohnung in einen frisch renovierten Zustand zu versetzen.
  6. Dadurch wird der Mieter bessergestellt, als zu Vertragsbeginn. Hierfür hat der Mieter einen Ausgleich zu leisten, sich also an den Renovierungskosten zu beteiligen – im Zweifel, so der BGH, zu ½.

 

Fazit:

Die Übergabe einer frisch renovierten Wohnung ist für den Vermieter dann vorteilhaft, wenn er die Wohnung aufgrund der Marktlage anderenfalls nicht oder nur schlecht vermieten könnte und es ihm – trotz der Unberechenbarkeit der Rechtsprechung – gelingt, eine auf Dauer wirksame Klausel zur Übertragung der Schönheitsreparaturpflicht auf den Mieter zu vereinbaren.

Anderenfalls ist es aus Vermietersicht vorteilhafter, eine bezüglich des Dekorationszustandes grundlegend abgewirtschaftete Wohnung zu überlassen und dies auch zu dokumentieren.

 

 

Noreen Walther

Rechtsanwältin