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Die Mietschuldenfreiheitsbescheinigung – eine Pflicht oder ein Relikt?

In der Praxis ist sehr häufig anzutreffen, dass Vermieter im Zusammenhang mit Vermietungsgesprächen die Vorlage einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung des Bewerbers für die neue Wohnung abfordern. Auch im Rahmen der Immobilienverwaltung werben Verwalter damit, dass eine Grundlage des Abschlusses von Mietverträgen die Vorlage von Bescheinigungen über die Mietenschuldenfreiheit bildet.

 

Bereits mit Urteil des BGH vom 30.09.2009 (AZ: VIII ZR 238/08) wurde entschieden, dass sich ein Anspruch des Mieters auf Ausstellung einer geforderten Mietschuldenfreiheitsbescheinigung weder aus einer ergänzenden Vertragsauslegung, einer Verkehrssitte oder einem Gesetz ergibt.

 

Im Rahmen der Interessenabwägung zur Ausstellung einer solchen Bescheinigung wurde weiter ausgeführt, dass der Vermieter sich wegen des Interesses des Mieters zur Erlangung einer neuen Wohnung einer Gefährdung seiner Rechtsposition durch eine solche weitreichende Erklärung aussetzen muss, falls nachträglich noch Streit über die Erfüllung von Mietforderungen entstehen sollten. Dies kann durchaus der Fall bei Mietminderungen, Betriebskostenabrechnungen usw. der Fall sein.

 

Allenfalls ist der Vermieter verpflichtet, eine Quittung über die geleisteten Mietzahlungen zu erteilen.

 

In der obigen Entscheidung hat sich der BGH in keinster Weise geäußert, ob der vermietungswillige Vermieter eine solche Bescheinigung vom Mietbewerber überhaupt fordern kann.

 

Ein Bestehen auf eine solche Mietschuldenfreiheitsbescheinigung ist nicht anzuraten, da andere Möglichkeiten des Mieterchecks bestehen. Insbesondere sind diese u.a. die Vorlage von Lohnbescheinigungen, die Einholung von Auskünften aus dem Schuldnerregister, die Vorlage einer Schufa-Selbstauskunft usw. Auch auf die Stellung einer Mietkaution sollte nicht verzichtet werden.

 

Andererseits darf nicht unterschätzt werden, dass Missbrauchsfälle dergestalt vorliegen, dass Vermieter auf Mietzinszahlungsansprüche verzichten, um Mietschuldner schnell und unkompliziert loszuwerden. Dies überschreitet zwar die Schwelle zum Betrug, ist aber in der Praxis schwer nachzuweisen.

 

Letztendlich muss jeder Vermieter davon ausgehen, dass bei jeder Vermietung ein gewisses Risiko besteht, welches sich erst im Laufe des Mietverhältnisses auflöst oder auch erweisen kann.

 

 

 

Dietmar Strunz
Rechtsanwalt

im Kanzleiforum 03/2014

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz