Die Grundrente
Nach zähen Verhandlungen hat das Bundeskabinett die Grundrente am 19.02.2020 beschlossen. Mehr als 1 Million Rentenbezieher sollen ab 2021 einen Aufschlag bekommen. Im einzelnen ergibt sich folgendes.
Was ist das Ziel der Grundrente?
Geholfen werden soll all jenen Menschen, die jahrelang zwar gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben – deren Verdienst aber nicht groß genug für eine auskömmliche Rente war. Ihre Lebensleistung soll anerkannt, ihnen soll der Gang zum Sozialamt erspart werden.
Wer soll die Grundrente bekommen?
Im Startjahr 2021 1,3 Millionen Menschen, davon 70 % Frauen. Dies betrifft Menschen mit Minirenten, die mindestens 33 Jahre Rentenbeiträge aus Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit aufweisen. Der Zuschlag soll zunächst gestaffelt werden – bei 35 Beitragsjahren soll er die volle Höhe erreichen. Grundrente bekommen sollen zudem nur jene mit einem Einkommen unter bestimmten Grenzen.
Wie hoch sind die geplanten Einkommensgrenzen?
Den vollen Aufschlag erhalten nur diejenigen, deren monatliches Einkommen als Rentner bei maximal 1.250,00 € (Alleinstehende) und 1.950,00 € (Eheleute oder Lebenspartner) liegt. Einkommen über dieser Grenze sollen zu 60 % auf die Grundrente angerechnet werden. Bei 1.300,00 € Einkommen eines Alleinstehenden würden also 50 € zu 60 % angerechnet – die Grundrente fiele 30 € niedriger aus.
Liegt das Einkommen bei mehr als 1.600,00 € bzw. 2.300,00 €, soll es zu vollen 100 % auf den Grundrentenzuschlag angerechnet werden. Hat ein Ehepaar also z. B. 2.400,00 € Einkommen, vermindert sich die Grundrente um 100 €.
Was soll bei der Einkommensprüfung berücksichtigt werden?
Das zu versteuernde Einkommen etwa durch Mieteinkünfte, einer Pension oder Beträge betrieblicher oder privater Vorsorge wird geprüft. Dazu kommt der steuerfreie Teil von Renten- und Kapitalerträgen, die nicht bereits im zu versteuernden Einkommen enthalten sind. Werbungskosten und Aufwendungen für Kranken- und Pflegeversicherung werden abgezogen. Angaben über das zu versteuernde Einkommen liegen in der Regel nur für das vorvergangene Jahr vor, Neurentner bekommen die Grundrente im ersten Jahr somit möglicherweise erst einmal nicht – die Einkommensprüfung soll aber einmal jährlich wiederholt werden.
Wie soll die Grundrente berechnet werden?
Dies ist ein kompliziertes Verfahren. In die Berechnung fließen nur Zeiten ein mit Beiträgen, die 30 – 80 % des jährlichen Durchschnittseinkommens entsprechen. Im vergangenen Jahr betrug diese Spanne etwa 972 – 2.593 € brutto.
Wie funktioniert die Berechnung konkret?
Im Grundsatz werden die Entgeltpunkte aufgewertet, mit denen die Rente insgesamt errechnet wird. Ein Durchschnittsverdiener bekommt pro Jahr einen solchen Punkt. Für jeden Punkt gibt es derzeit im Westen 33,05 € Rente und im Osten 31,89 € Rente pro Monat.
Für Zeiten mit nur geringen Rentenanwartschaften, die die Grundrente auslösen, werden die Entgeltpunkte erhöht: nämlich für 35 Jahre auf das Doppelte des Durchschnittswertes der erworbenen Punkte – höchstens aber auf 0,8 Punkte. Dann wird der Wert wieder verringert, um 12,5 %. Die so erreichte Verringerung des Zuschlags bewirkt, dass mehr Beitrag mehr Gesamtrente bringt.
Was kann das z. B. bei einer Rente von rund 750 € bedeuten?
Das kommt auf den Fall an.
Beispiel 1: Eine Sekretärin im Westen mit 38 Versicherungsjahren und 2 Kindern. Für die Grundrente werden nur 26 Jahre berücksichtigt, denn in den anderen Jahren kam sie nur auf Beiträge, die weniger als 30 % des Durchschnittslohns betragen. In den 26 Jahren aber kam sie auf 70 %. Die Rente beträgt 754 € – der Grundrentenzuschlag 75 €.
Beispiel 2: Eine Verkäuferin in Dresden mit 39 Arbeitsjahren mit 16 % des Durchschnittslohns ohne andere Einkünfte bekommt 746 € Rente – und 195 € Zuschlag.
Was ist im Gesetzespaket noch enthalten?
Eine Unterstützung für jene, die zu wenig für Grundrente verdient haben: Wer 33 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt, aber besonders wenig verdient hat und Grundsicherung braucht, soll einen Freibetrag in der Grundsicherung von zunächst maximal 216 € erhalten. Außerdem soll zum Schutz bei steigenden Mietkosten verhindert werden, dass die Grundrente voll beim Wohngeld angerechnet wird – auch dieser Freibetrag soll maximal 216 € betragen.
René Illgen
Rechtsanwalt