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Der Pflanzenrückschnitt im Nachbarschaftsrecht

Die kalte Jahreszeit neigt sich nunmehr dem Ende und die ersten Frühjahrsboten sind bereits zu sehen. Damit verbunden wächst auch schnell die Hecke oder Zweige des Baumes vom Nachbar über die Grundstücksgrenze. Hier sind Streitigkeiten oft vorprogrammiert. Um solche Eskalationen am Gartenzaun zu vermeiden, soll der nachfolgende Beitrag die wichtigsten gesetzlichen Regelungen erläutern. Die maßgeblichen Vorschriften finden sich hierbei im BGB sowie im Nachbarschaftsrecht des betroffenen Bundeslandes. Zur vereinfachten Darstellung wird im Anschluss lediglich auf das Sächsische Nachbarschaftsrecht (SächsNRG) ausführlich eingegangen und auf die anderen landesrechtlichen Vorschriften verwiesen.

Bereits im Vorfeld können Streitigkeiten vermieden werden, indem bei Neuanpflanzungen der Grenzabstand ordnungsgemäß eingehalten wird. Gemäß § 9 SächsNRG sind Bäume, Sträucher oder Hecken mindestens 0,5 Meter oder, falls die Bepflanzung über 2 m hoch ist, mindestens 2 m von der Grundstücksgrenze des Nachbarn zu pflanzen. (§ 44 ThürNRG, § 34 LASA NbG)

Sollte die Bepflanzung des Nachbarn nichtsdestotrotz über die Grundstücksgrenze ragen, greift § 910 BGB. Demnach dürfen überragende Äste abgeschnitten werden, wenn dem Nachbarn zuvor eine angemessene Frist zur Beseitigung gesetzt wurde und diese jedoch fruchtlos verstrich. Sollte von diesem Selbsthilferecht Gebrauch gemacht werden, ist allerdings Sorgfalt walten zu lassen. Andernfalls kann bei einem übermäßigen Rückschnitt ein Schadensersatzanspruch entstehen. Angemerkt sei an dieser Stelle, dass auch die selbigen Grundsätze für überwachsende Wurzeln gelten.

Von einem radikalen Rückschnitt ist allerdings im Zeitraum vom 1. März bis zum 30. September abzusehen. Dies wird nach § 39 Bundesnaturschutzgesetz untersagt. Hier gilt eine bundeseinheitliche Schonfrist in der sogenannten Wachstumsperiode. Ausgenommen von diesem Verbot sind rücksichtsvolle Form- und Pflegeschnitte, welche jederzeit erlaubt sind.

Ferner steht dem beeinträchtigten Grundstückseigentümer durch überhängende Äste ein Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB zu. Wobei auch bei dieser Anspruchsgrundlage eine Beeinträchtigung der Nutzung des Grundstücks gegeben sein muss. Reines Missfallen genügt nicht. Die Prüfung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt, ist stets eine Frage des Einzelfalls. Eine erhebliche Beeinträchtigung kann allerdings auch durch herabfallendes Laub, Nadeln, Zapfen und Schattenwurf verursacht werden. Wie vormals bereits erwähnt wurde, ist eine Prüfung immer im Einzelfall vorzunehmen. Beispielsweise lehnte das Landgericht Saarbrücken einen Anspruch auf Rückschnitt einer Birke ab, da nur eine geringfügige Beeinträchtigung gegeben sei. Insofern wurde die Entscheidung damit begründet, dass in der Wohngegend viele Bäume vorhanden sind und der Eigentümer dies bereits im Vorfeld wusste und somit die Einwirkungen der Natur freiwillig in Kauf nimmt. (Urteil vom 5.6.1986, Az. 2 S 185/84)

 

Fazit

Viel zu oft entstehen Streitigkeiten durch fehlende Kommunikation und Toleranz. Aus diesem Grund sollte zunächst immer das Wort mit den Nachbarn gesucht werden, bevor man rechtliche Schritte in Erwägung zieht. Andernfalls kann das nachbarschaftliche Verhältnis nachhaltig zerrüttet werden.

 

Michelle Freitag
Rechtsanwältin