Der Koalitionsvertrag 2025 aus arbeitsrechtlicher Sicht
Die Union und die SPD haben sich am 09.04.2025 auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Aus arbeitsrechtlicher Sicht sind vielfältige Themen vorgesehen – ein Überblick:
Mindestlohn
Die Koalitionsparteien „stehen zum gesetzlichen Mindestlohn“, der auch zukünftig von einer unabhängigen Mindestlohnkommission festgelegt werden soll. Diese soll sich im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 % des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren. „Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar.“ Union und SPD verweisen zwar auf die Mindestlohnkommission, geben aber trotzdem eine konkrete Empfehlung ab. Es bleibt abzuwarten, ob die Erhöhung des Mindestlohnes nicht dem großen Ziel des Wirtschaftswachstums entgegensteht.
Tarifbindung
Die Koalition strebt eine höhere Tarifbindung an und greift dabei die Gesetzesinitiative zum Bundestariftreuegesetz auf. Nach dem Gesetzentwurf dürfen öffentliche Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden, die tarifvertragliche Arbeitsbedingungen einhalten und ihren Beschäftigten Löhne in Höhe des üblichen Branchentarifs bezahlen. Laut Koalitionsvertrag soll das Bundestariftreuegesetz für Vergabe auf Bundesebene ab 50.000 Euro und für Start-ups mit innovativen Leistungen in den ersten vier Jahren nach ihrer Gründung ab 100.000 Euro gelten.
Revolution der wöchentlichen Arbeitszeit
Union und SPD möchten flexiblere Arbeitszeitmodelle ermöglichen. Insbesondere soll eine wöchentliche statt einer täglichen Höchstarbeitszeit gelten, wie es die Arbeitszeitrichtlinie der EU vorsieht. Arbeitgeber und Arbeitnehmer wären dadurch freier in der Aufteilung der wöchentlichen Arbeitszeit. Ruhezeiten sind allerdings nach wie vor zu beachten. Die elektronische Erfassung von Arbeitszeiten soll unbürokratisch erfolgen und dabei für kleine und mittlere Unternehmen angemessene Übergangsregelungen vorsehen. Die Vertrauensarbeitszeit soll auch ohne Zeiterfassung im Einklang mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie möglich sein.
Erleichterte Beschäftigung für Rentner
Hierzu sind zusätzliche finanzielle Anreize geplant, damit sich freiwilliges, längeres Arbeiten mehr lohnt. Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, bekommt sein Gehalt künftig bis 2.000 Euro im Monat steuerfrei. Außerdem ist geplant, die Rückkehr zum bisherigen Arbeitgeber nach Erreichen der Regelarbeitsgrenze zu erleichtern, indem das Vorbeschäftigungsverbot aufgehoben und dadurch befristetes Weiterarbeiten ermöglicht wird.
AGG-Reform
Laut den Koalitionsparteien sind Benachteiligungen und Diskriminierungen Gift für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung. Daher soll der Diskriminierungsschutz gestärkt und verbessert werden.
Digitalisierung
Des Weiteren sollen Online-Betriebsratssitzungen und Online-Betriebsversammlungen als gleichwertige Alternativen zu Präsenzformaten ermöglicht werden. Auch die Option digitale Betriebsratswahlen durchzuführen, soll im Betriebsverfassungsgesetz verankert werden.
Sonstiges
CDU/CSU und SPD haben sich außerdem auf einige Maßnahmen der Entbürokratisierung geeinigt. Ein Beispiel ist der Abbau von Schriftformerfordernissen, zum Beispiel bei Befristungen. Die Koalitionäre möchten auch den Arbeitsschutz verbessern und die betriebliche Altersvorsorge soll attraktiver werden.
Die Pläne im Koalitionsvertrag für das Arbeitsrecht sollen schnell umgesetzt werden.
René Illgen
Rechtsanwalt