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Dauerbrenner Dienstbarkeit

Die Dienstbarkeiten bleiben eine weiterhin aktuelle Thematik in Beratungsbereich. Daher folgt nachstehende Zusammenfassung zum Verständnis und zur Einordnung im tagtäglichen Betriebsalltag. Gerade bei der Veräußerung oder dem Erwerb von Immobilien spielen bei einer fundierten Grundstücksbewertung dessen Belastungen eine wesentliche Rolle, vor allem, wenn die Nutzbarkeit des Grundstücks eingeschränkt wird. Grundlage einer Dienstbarkeit ist mithin das beabsichtigte Nutzungsrecht, für welches der Gesetzgeber im Wesentlichen folgende Arten vorgesehen hat:

 

Nießbrauch

Der Nießbrauch ist als gesetzliches Schuldverhältnis konzipiert, den Berechtigten sämtliche Nutzungen (§ 100 BGB) aus der bewegliche oder unbeweglichen gesamten Sache umfassend ziehen zu lassen. Es ist als höchstpersönliches dingliches Recht unvererblich, unübertragbar, aber überlassungsfähig an einen Dritten. Der Nießbrauch kann an Sachen, Rechten und Vermögensbestandteilen erteilt werden. Der Inhaber hat ggf. Schadensersatz- und Duldungsansprüche bei Beeinträchtigung des Nießbrauchs. Er kann durch dingliches Rechtsgeschäft, Vermächtnis, Schenkung oder kraft Gesetz (Baurecht, Verwaltungsakt, Ersitzung etc.) entstehen und erlischt durch Rechtsgeschäft, Tod, Registerlöschung, Untergang der Sache (Ausnahme: Hausgrundstück), gutgläubigen Erwerb oder Zwangsversteigerung.

 

Beschränkt persönliche Dienstbarkeit

 Diese stellt eine konkrete, einzelne, dingliche Rechtsbelastung an einem konkreten Grundstück dar, durch welche irgendeine Person, zu deren Gunsten die Belastung stattfindet, ein fremdes Grundstück durch ein bestimmtes und fest definiertes Recht zu nutzen. Grundlage ist auch hier eine schuldrechtliche Vereinbarung der Parteien sowie idealerweise die Eintragung in das Grundbuch. Beispiele sind das Wegerecht z. B. bei Hinterliegergrundstücken, Leitungsrecht z. B. Kabel oder Versorgungsleitungen, Begehungs- und Überfahrrechte, Unterlassungsvereinbarungen z. B. im Bau oder bei Immissionen sowie Überbaurechte. Die Entstehung und das Erlöschen verhalten sich wie beim Nießbrauch. Ausnahmeweise ist die Übertragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit bei rechtsfähigen Personengesellschaften oder juristischen Personen möglich. Ein Unterfall ist das Dauerwohnrecht/ Dauernutzungsrecht, welches es dem Berechtigten erlaubt, für gewöhnlich auf Lebenszeit, die Immobilien oder zumeist einen Teil (Wohnung) zu nutzen, ohne Eigentümer des Gebäudes zu sein. Der Eigentümer ist hierbei meist von der eigenen Nutzung seines Eigentums ausgeschlossen. Der Berechtigte darf dabei aber nur „Wohnen“, was gewerbliche Zwecke ausschließt, ebenso wie Lagerung oder Garagen (hier eher Nießbrauch). Beim Wohnrecht sollte in der vertraglichen Vereinbarung unbedingt die genaue Bezeichnung der betroffenen Gebäudeteile benannt werden, die Übernahme der Unterhaltungs- und Betriebskosten (nicht Grundsteuer, Kreditzinsen oder Modernisierungsmaßnahmen) vereinbart werden und bereits eine Löschungsbewilligung erteilt werden für den Fall, dass der Berechtigte wegzieht oder in ein Pflegeheim umzieht. Der Verzicht auf ein Wohnungsrecht stellt rechtlich eine Schenkung dar und sollte u. a. aus steuerlichen Gründen vermieden werden. Wird das Wohnungsrecht im Rahmen eines umfassenden Nießbrauchs eingeräumt, kann der Inhaber die Wohnung auch vermieten und Einnahmen erzielen.

 

Grunddienstbarkeit

Im Gegensatz zum Nießbrauch berechtigt die Grunddienstbarkeit den Eigentümer eines „herrschenden“ Grundstücks, ein anderen „dienendes“ Grundstück in einer bestimmten Art und Weise zu nutzen. Idealerweise wird im Grundbuch hierfür ein sog. „Herrschvermerk“ eingetragen, um ein Erlöschen bei einer Grundstücksveräußerung zu verhindern. Eine Übertragung dieses Rechts ist lediglich im Übertragungsfall des herrschenden Grundstücks möglich, wenn dieses im Grundbuch eingetragen ist. Im Gegensatz zur beschränkt persönlichen Dienstbarkeit kann Inhaber der Grunddienstbarkeit nur ein anderer Grundstückseigentümer sein. Den Unterschied macht mithin der Eigentumstitel am herrschenden Grundstück aus. Die Beispiele der persönlichen Dienstbarkeit sind auch hier zutreffend. Die Grunddienstbarkeit erlischt durch Aufhebungsvertrag, Aufgabe nebst Löschung im Grundbuch, mittels auflösender Bedingung sowie durch Zwangsversteigerung. Der Abschluss und die Nutzung von Dienstbarkeiten im Grundstücksverkehr sowie der Immobilien- und Wohnungswirtschaft bietet zum Teil erhebliche Chancen, um den Wert eigener Grundstücke zu erhöhen, aber auch Risiken der Wertminderung. Strategisch sollten Vorstände von Wohnungsgenossenschaften und Geschäftsführer kommunaler Wohnungsgesellschaften diese Materie jedenfalls kennen, nutzen und anwenden können.

 

Sebastian Tempel
Rechtsanwalt