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Das neue Betreuungsrecht – Auswirkungen auf die Wohnungseigentumsverwaltung

Ziel der Neuregelung

Mit dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 04.05.2021 tritt eine umfassende Reform des Betreuungsrechts zum 01.01.2023 in Kraft, die auch Auswirkungen auf die Verwaltungstätigkeit im Wohnungseigentumsrecht hat.

Der Gesetzgeber hat insbesondere entschieden, dass die Selbstbestimmung des Betreuten gestärkt werden soll und ihm mehr eigene Entscheidungsbefugnisse eingeräumt werden sollen. Damit soll die Teilhabe des Betreuten am Rechtsleben gestärkt werden. Dies wird durch entscheidende Änderungen in den neu gefassten §§ 1821 und 1823 BGB deutlich. Das Verhältnis zwischen Betreuer und Betreutem wird nunmehr bestimmt durch den Grundsatz der Erforderlichkeit, der unterstützenden Entscheidungsfindung und der ausschließlichen Berücksichtigung der Wünsche des Betreuten. Dies geht einher mit einer faktischen Begrenzung der Vertretungsmacht des Betreuers.

Der Betreuer soll nur noch handeln, wenn der Betreute es tatsächlich nicht kann. Der Betreuer soll nur Hilfestellung geben, wenn es gebraucht wird. Damit wird eine wesentliche Aufgabe des Betreuers künftig darin liegen, im Rahmen der unterstützenden Entscheidungsfindung zusammen mit dem Betreuten herauszufinden, was dieser selbst regeln kann und was der Betreuer regeln muss. Handelt der Betreuer, hat er sich nunmehr nur noch nach den Wünschen des Betreuten zu richten. Die bisherige Orientierung am Wohl des Betreuten ist nicht mehr maßgeblich. Ausgenommen sind Wünsche, die die Person oder das Vermögen des Betreuten erheblich gefährden würden.

Schlussendlich zeigt die Neufassung des § 1823 BGB, wonach der Betreuer den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich vertreten kann, dass es Ziel des neuen Betreuungsrechtes ist, den Betreuten soweit wie möglich selbst handeln zu lassen.

 

Auswirkungen auf das Wohnungseigentumsrecht

Für die Feststellung, ob für den Wohnungseigentümer eine Betreuung angeordnet und ein Betreuer bestellt ist, wird der Verwalter auch zukünftig auf die Selbstauskunft des Betreuten oder die Anzeige des Betreuers angewiesen sein. Das Betreuungsgericht ist weder zur Auskunft verpflichtet, noch dazu befugt.

Ist bekannt, dass eine Betreuung besteht, muss geklärt werden, welchen Aufgabenkreis mit welchen Aufgabenbereichen die Betreuung umfasst. Die Verwaltung von Wohneigentum wird durch den Aufgabenbereich „Vermögenssorge“ umfasst. Allerdings bedeutet die Anordnung dieses Aufgabenbereiches nicht automatisch, dass der Betreuer handeln darf oder wird, da es auch hier Bereiche geben kann, in denen ein geschäftsfähiger Betreuter selbst handeln will und soll.

Zu beachten ist immer, dass eine Betreuung keinen Einfluss auf die Geschäftsfähigkeit hat.

Für den Verwalter ist es jedoch von großer Bedeutung zweifelsfrei festzustellen, an wen er sich bei angeordneter Betreuung zu wenden hat.

Der Betreuer ist allein zuständig, wenn der Betreute geschäftsunfähig ist. Verlässliche Informationen hierüber kann der Verwalter nur über den Betreuer erlangen.

Ist der Aufgabenbereich Vermögenssorge und ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, kann der Verwalter sicher sein, dass der Betreute nur mit Beteiligung des Betreuers rechtlich wirksam handeln kann.

Im Übrigen konnte der geschäftsfähige Betreute nach altem Recht selbst wirksam handeln, der Betreuer konnte ihn jedoch innerhalb seines Aufgabenbereiches auch wirksam vertreten. Dies konnte dazu führen, dass es zu widersprüchlichen Rechtsgeschäften kam, die beide wirksam waren.

Diese Konstellation soll es zukünftig nicht mehr geben, da sich der Betreuer zurückhalten soll, wenn der Betreute selbst handeln kann und will.

Der Verwalter sollte jedoch auch weiterhin wegen § 131 I BGB Willenserklärungen, die gegenüber dem Wohnungseigentümer abzugeben sind, sowohl an den Betreuer als gesetzlichen Vertreter, als auch an den Betreuten richten.

Die Ladung zur Eigentümerversammlung ist, sofern der Betreuer, dessen Aufgabenbereich die Vermögenssorge umfasst, einschätzt, dass der Betreute die zu behandelnden Angelegenheiten selbst bewältigen kann, nur an den Betreuten zu richten.

Bestehen für den Verwalter Zweifel und will er Ladungsmängel vermeiden, schadet eine zusätzliche Ladung an den Betreuer jedoch nicht.

Für die Teilnahme an der Versammlung steht die Frage der Verletzung des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit, wenn Betreuer oder Betreuter teilnehmen, ohne dazu berechtigt zu sein.

Ist der Betreute zur selbständigen Teilnahme und Abstimmung in der Lage, hat der Betreuer kein Anwesenheitsrecht mehr, selbst wenn die Verwaltung von Wohnungseigentum zu seinem Aufgabenbereich gehört.

Das hat der Verwalter im Vorfeld der Versammlung mit dem Betreuer und dem Betreuten zu klären.

Möchte der Betreute zu seiner Unterstützung jedoch vom Betreuer begleitet werden, dürfte er jedoch einen Anspruch auf Zulassung als Berater haben. Erklärt der Betreuer, dass der Betreute nur über einzelne Themen abstimmen kann, so ergibt sich aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit für die übrigen Themen ebenfalls ein Teilnahmerecht des Betreuers.

Bei Anordnung des Einwilligungsvorbehaltes bedürfen die Handlungen des Betreuten für ihre Wirksamkeit der Zustimmung des Betreuers, daher besteht hier ein Teilnahmerecht des Betreuers.

Das Abstimmungsrecht folgt den vorgenannten Sachverhalten.

Ist der Betreute geschäftsfähig und in der Lage, wird sich der Betreuer zurückhalten und den Betreuten abstimmen lassen. Im Falle des Einwilligungsvorbehaltes stimmt ebenfalls der Betreute ab, der gleichzeitig anwesende Betreuer kann dann ad hoc genehmigen.

Schwierig wird es, wenn der geschäftsfähige Betreute abstimmt, sein Betreuer ihn aber für unfähig hält und aufgrund seiner Vertretungsmacht mit anderem Ergebnis abstimmt. Hier sind beide Stimmen wirksam. Der Versammlungsleiter hat hier jedoch die Stimme des geschäftsfähigen Betreuten zu werten.

 

Fazit

Die Mitwirkung von Wohnungseigentümern an der Wohnungseigentumsverwaltung, für die eine Betreuung angeordnet ist, wird für die Gemeinschaft und den Verwalter aufwendiger werden. Entscheidend wird sich hier eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Betreuern auswirken.

 

Angela Glöckner
Dipl.-Juristin