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Betreuungs- und Vorsorgevollmacht

Mit steigender Lebenserwartung nehmen auch die Fälle zu, in denen Menschen alters- oder krankheitsbedingt ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen können. In einem solchen Fall bestellt das Betreuungsgericht (früher Vormundschaftsgericht) nach den materiell-rechtlichen Regelungen der §§ 1896 ff. einen Betreuer und legt für den Betreuungsfall die Aufgabenkreise fest. Die Zahl der anhängigen Betreuungen in Deutschland beträgt etwa 1,3 Millionen. Wird ein Mieter betreut, so hat der Betreuer gegenüber dem Vermieter die Aufgabenkreise „Wohnungsangelegenheiten“ und ggf. auch „Vermögenssorge“ nachzuweisen.

Die Erforderlichkeit einer Betreuerbestellung im Wohnbereich besteht laut gerichtlicher Entscheidungen z. B. dann, wenn, um eine Obdachlosigkeit zu vermeiden, eine neue Wohnung zu suchen bzw. die häusliche Strom- und Wasserversorgung zu sichern ist oder auch wenn der Mieter wahnhaft meint, Nachbarn würden seine Wohnung betreten und er deshalb unberechtigt die Miete mindert.

Das Betreuungsgericht wird auf Antrag oder von Amts wegen tätig, d. h. das Verfahren kann auch von Dritten, etwa Nachbarn oder dem Vermieter angeregt werden.

Zum Betreuer kann jede natürliche Person bestellt werden, der das Gericht die entsprechende Kompetenz zutraut. Andererseits kann das Gericht einem Vorschlag des zu Betreuenden nicht entsprechen, wenn dies dem Wohl des Betreuten nicht entspricht.

Ein Berufsbetreuer soll nur bestellt werden, wenn sich keine andere geeignete Person anbietet.

Das Verfahren zur Betreuerbestellung ist im September 2009 neu geregelt und partiell geändert worden.

Beabsichtigt der Vermieter, das Mietverhältnis mit dem Betreuten zu kündigen, so ist die Kündigung an den Betreuer zu richten. Beabsichtigt hingegen der Betreuer die Kündigung oder einvernehmliche Aufhebung des Mietverhältnisses, so bedarf dies der gerichtlichen Genehmigung.

Gemäß § 1896 Abs. 2 BGB ist eine Betreuung nicht erforderlich, soweit mittels einer Vorsorgevollmacht rechtzeitig für eine rechtsgeschäftliche Vertretung gesorgt wurde. Damit kann der Bevollmächtigte bei eintretender Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers in dessen Namen handeln. Da ein derart bevollmächtigter keiner Kontrolle unterliegt, könnte die Vorsorgevollmacht auch nach dem vier-Augen-Prinzip erteilt werden, d. h. dass immer nur zwei Bevollmächtigte gemeinsam von der Vollmacht Gebrauch machen könnten.

Eine Vorsorgevollmacht muss nicht zwingend notariell beurkundet werden, zur besseren Akzeptanz im Rechtsverkehr sollte jedoch die Unterschrift zumindest öffentlich beglaubigt werden.

Eine formell ordnungsgemäß erteilte Vollmacht ist somit bei Vorlage – etwa beim Vermieter – zu akzeptieren. Das gilt auch für Banken, die nach neuerer Rechtsprechung keine spezielle Bankvollmacht mehr verlangen dürfen. Für den Vollmachtgeber hat die Vorsorgevollmacht gegenüber der Betreuung den Vorteil, dass er uneingeschränkt selbst bestimmt, von wem er vertreten werden möchte. Außerdem kann er die Vorsorgevollmacht jederzeit zurückziehen, so lange er noch geschäftsfähig ist.

Erlangt der Bevollmächtigte Kenntnis von einem gerichtlichen Betreuungsverfahren, so hat er die Vorsorgevollmacht beim Betreuungsgericht vorzulegen. Dadurch kann die Betreuerbestellung überflüssig werden.

Manfred Alter
Rechtsanwalt

im Kanzleiforum 09/2010

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz