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Außerordentliche Kündigung wegen Mietrückständen vor Insolvenzeröffnung

Der BGH hat wieder einmal eine überaschende Entscheidung an der Schnittstelle Mietrecht / Insolvenzrecht getroffen und hierbei die Interessen von Vermietern gestärkt (Urteil vom 17.06.2015 (Az.: VIII ZR 19/14).


Entscheidungsinhalt

Mit seinem Urteil hat nämlich nicht der Insolvenzrechts-Senat, sondern der Wohnraummiet-Senat entschieden, dass der Vermieter das Mietverhältnis entgegen § 112 Nr. InsO fristlos kündigen kann wegen Rückständen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, sofern der Insolvenzverwalter das Mietverhältnis gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO „freigegeben“ hat.

Der Senat hatte hierbei betont, dass mit dem Wirksamenwerden der bekannten Enthaftungserklärung, im Allgemeinen als sog. „Freigabe“ des Mietverhältnisses bekannt, dieses nicht mehr zur Insolvenzmasse zugehörig ist, die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis vielmehr wieder an den insolventen Schuldner zurückfällt. Dies lässt laut BGH dann die gesetzliche Kündigungssperre des § 112 InsO entfallen, deren Zweck einzig und allein der Schutz der Insolvenzmasse ist sowie der Verhinderung eines Insolvenzeröffnungsantrages allein wegen rückständiger Mietschulden. Da jedoch der soziale Mieterschutz durch § 569 Abs. 3 Nr, 2 Satz 1 BGB gewährleistet ist (der Mieter kann auch seinem pfändungsfreien Vermögen oder durch Dritte nachträglich ausgleichen), darf der Vermieter nunmehr auch kündigen, wenn diese Heilungsmöglichkeit des säumigen Mieters durch diesen nicht genutzt wird.


Praxistipp

Diese Entscheidung erinnert an eine weitere vom 22.05.2014 (Az.: IX ZR 136/13 = Allgemeine Information Nr. 26/2014 v. 25.07.2014), die an die Enthaftungserklärung ebenfalls wichtige Rechtsfolgen zulasten des Insolvenzverwalters knüpfte.

Diese neue wichtige Entscheidung des BGH eröffnet für die Vermieter nun endlich die Möglichkeit, die mit Mietern, welche rückständige Mietschulden angehäuft haben und sich anschließend in die Insolvenz „retteten“, geschlossenen Vertragsverhältnisse zeitnah zu beenden. Der Insolvenzverwalter wird sich nun zweimal überlegen müssen, ob er gleich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Wohnraummietverhältnis aus der Insolvenzmasse freigibt. Dem Vermieter wird empfohlen, den Mieter nun bei Verfahrenseröffnung bzw. ab Kenntnis der Eröffnung sofort aufzufordern, die Rückstände, die vor Insolvenzeröffnung aufgelaufen sind, aus seinem pfändungsfreien Vermögen bzw. von Dritten ausgleichen zu lassen und ggf. sodann gleich zu kündigen. Wichtig an dieser Stelle und unbedingt zu beachten ist, dass die Zahlungen nicht aus dem pfändbaren Vermögen des Schuldners erfolgen (hier kann standradmäßig mit einer eidesstattlichen Versicherung oder einer Zustimmung des Insolvenzverwalters gearbeitet werden), da andernfalls noch Jahre danach Anfechtungsansprüche drohen könnten.

Gern bieten wir Ihnen auch hier wieder unsere Beratung und Unterstützung für die jeweiligen Einzelfälle an.

 

Sebastian Tempel
Rechtsanwalt

Aktuelle Informationen Nr. 25/2015

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz