Zutrittsverweigerung des Handwerkers – weiterhin Mietminderung?
Ein Mieter macht Mietminderung geltend, möchte aber den Handwerkern keinen Zutritt in seine Wohnung gewähren. Kann die Mietminderung weiterhin geltend gemacht werden?
Sachverhalt
Der Beklagte mietete im Jahr 1998 von einer Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Dachgeschosswohnung. Der Beklagte minderte die Miete seit dem Jahr 1999 wegen zahlreicher Mängel (Risse, verrottete Fenster, Nässe- und Eisbildung an Dachfenstern, Heizgeräusche und Fäkaliengeruch). Der Beklagte führte mit der Rechtsvorgängerin hierüber einen Rechtsstreit mit Erfolg.
Die Klägerin kaufte im Jahr 2013 das Objekt und wurde 2014 in das Grundbuch eingetragen. Die Klägerin wollte daraufhin sämtliche Mängel beseitigen und forderte den Beklagten auf, Zutritt zu gewähren. Dieser verweigerte die Mängelbeseitigung und machte weiterhin vom seinem Minderungsrecht Gebrauch. Die Klägerin kündigte das bestehende Mietverhältnis außerordentlich wegen Zahlungsverzug aller zurückbehaltenen Beträge und erhob Klage wegen Herausgabe.
Rechtliche Würdigung des Bundesgerichtshofs
Der Bundesgerichtshof entschied, dass die außerordentliche Kündigung der Klägerin wirksam sei. Mit der Verweigerung des Beklagten, die Mängel beseitigen zu lassen, ist ihm sein Leistungsverweigerungsrecht auf Grund der Minderung für alle einbehaltenen Beträge erloschen und die gesamte zurückbehaltene Miete ist zur Zahlung fällig geworden. Die Minderung als Leistungsverweigerungsrecht dient dem Mieter, Druck zur Mangelbeseitigung gegenüber dem Vermieter auszuüben, allerdings widerspricht es dem Zweck des Leistungsverweigerungsrechts, wenn der Mieter die Erfüllung der Pflichten des Vermieters verhindert. In all diesen Fällen, in denen der Mieter vorsätzlich die Mangelbeseitigung nicht durchführen lässt, kann das Zurückbehaltungsrecht die Funktion, den Vermieter zur Mangelbeseitigung anzuhalten, offensichtlich nicht mehr erfüllen und es werden die zurückbehaltenen Beträge in ihrer Gesamtheit grundsätzlich sofort zur Zahlung fällig.
Praxishinweis
Im Falle, dass Mieter von ihrem Minderungsrecht aufgrund von Mängeln Gebrauch machen und dass ihnen damit zustehende Leistungsverweigerungsrecht ausüben, sollte unverzüglich ein Angebot zur Beseitigung des Mangels eingeholt werden und mit dem Mieter sollte unter einer angemessenen Fristsetzung eine Terminvereinbarung zur Beseitigung des Mangels getroffen werden. Sollte der Mieter bis dahin unberechtigterweise die Beseitigung des Mangels verhindern, steht ihm der Anspruch auf Minderung nicht mehr zu und es werden die zurückbehaltenen Beträge in ihrer Gesamtheit grundsätzlich sofort zur Zahlung fällig.
Angemerkt sei, dass der Mieter somit berechtigt ist, die Minderung und das Leistungsverweigerungsrecht gleichzeitig auszuüben. Die Höhe des Leistungsverweigerungsrechts bestimmt sich nach dem Einzelfall.
(Vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.04.2019 – VIII ZR 12/18)
Michelle Freitag
Rechtsanwältin
Aktuelle Information Nr. 01/2019
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz