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Zustandekommen von Stromlieferungsverträgen bei Mieterwechsel

Aktuell führt die Kombination aus Informationen von Energieversorgern zum 24-Stunden-Lieferantenwechsel und der Veröffentlichung neuerer Rechtsprechung zum Zustandekommen von Stromlieferverträgen zur Verunsicherung unter Wohnungsvermietern.

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 11.02.2025 (VIII ZR 300/23) entschieden, dass bei Vermietung einzelner Zimmer einer Wohnung (Wohngemeinschaft) durch die Entnahme von Strom über den Wohnungszähler ein Stromlieferungsvertrag mit dem Vermieter zustande kommt.

Grundlage dafür ist, dass gemäß § 2 Abs. 2 StromGVV konkludent ein Stromlieferungsvertrag zustande kommen kann, wenn Strom entnommen wird. Man spricht insoweit von einer Realofferte (Vertragsangebot) und Annahme durch konkludentes Handeln.

Bei der Entscheidung des Bundesgerichtshofs handelt es sich aber um einen Sonderfall. Der BGH hat in seiner Entscheidung nochmals ausdrücklich unter Verweis auf seine stetige Rechtsprechung betont, dass grundsätzlich der Stromliefervertrag mit dem Mieter der Wohnung, als demjenigen, der den Strom entnimmt, zustande kommt. Ausnahmsweise für den Fall, dass mehrere Mietverträge für Zimmer in einer Wohnung geschlossen werden, jedoch nur ein gemeinsamer Wohnungszähler zur Verfügung steht, soll der Vermieter Vertragspartner des Stromgrundversorgers werden.

Es bleibt daher bei dem Grundsatz, dass ein Stromliefervertrag entweder durch eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen dem Stromlieferanten und dem Vermieter zustande kommt oder durch eine Stromentnahme des jeweiligen Wohnungsnutzers. Dies kann bei Stromentnahme bei Leerstand (beispielsweise durch Handwerker bei der Instandsetzung der Wohnung) der Vermieter sein. Im Regelfall wird ein Stromlieferungsvertrag in der Grundversorgung zwischen Mieter und Grundversorger bei Entnahme durch den neuen Mieter entstehen.

An diesen Grundsätzen ändert sich auch nichts durch die „Regelungen für einen beschleunigten werktäglichen Lieferantenwechsel in 24 Stunden (LFW24)“ der Bundesnetzagentur auf der Grundlage des § 20a Energiewirtschaftsgesetz.

Die Bundesnetzagentur hat mit dem Beschluss vom 21.03.2024 (BK 6-22-024) lediglich ihre Festlegungen für einheitliche Geschäftsprozesse und Datenformate zur Abwicklung der Belieferung von Kunden geändert. Damit sind zur Beschleunigung von Wechselprozessen Vorgaben für die digitale Abwicklung aufgestellt worden. Diese haben jedoch keinerlei Auswirkungen auf die schuldrechtlichen Regelungen, zum Zustandekommen von Stromlieferverträgen.

Die Bundesnetzagentur betont daher auch, dass die in der Marktkommunikation festgelegten Prozessvorschriften vor allem dazu dienen, eine automatisierte und massengeschäftstaugliche Abwicklung verschiedener energiewirtschaftlicher Arbeitsschritte zu ermöglichen und damit erhebliche Effizienzpotenziale zu heben. Mit den Vorgaben zur Marktkommunikation werden also massengeschäftstaugliche Regeln für den „Normalfall“ aufgestellt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass andere Abläufe nicht statthaft wären. Abweichende Handhabung für den Lieferantenwechsel sind daher in den vom „Normalfall“ abweichenden Wechselvorgängen möglich.

Als problematisch kann insoweit nur angesehen werden, dass der „Normalfall“ so definiert wird, dass ein potenzieller Mieter sich in jedem Fall bereits rechtzeitig vor Beginn des Mietverhältnisses um den Abschluss eines Stromliefervertrages für seine neue Wohnung kümmert.

Nach alledem ist daher festzuhalten, dass auch nach den neuen Regelungen zum schnellen Lieferantenwechsel bei fehlender Anmeldung des neuen Mieters kein Vertrag zwischen Stromlieferant und Vermieter infolge der Entnahme von Strom durch den Mieter entsteht.

Sollte der neue Mieter erst nachträglich benannt werden, kann lediglich der „normale“ Wechselprozess nicht durchgeführt werden. In diesem Fall ist der Wechselprozess außerhalb der digitalen Marktkommunikation zwischen den Beteiligten abzuwickeln.

Schließt der neue Mieter demnach erst nach der erst Entnahme von Strom einen Stromliefervertrag mit dem Stromlieferanten seiner Wahl, kommt zunächst ein Stromliefervertrag mit dem Grundversorger zum Grundversorgungstarif zustande. Dieser kann sodann mit einer Frist von 2 Wochen gekündigt werden. Nach Ablauf dieser Frist kann dann der Wechsel zum gewählten Stromlieferant erfolgen.

Daraus folgt im Ergebnis auch, dass der Vermieter nicht verpflichtet ist, Rechnungen des Grundversorgers auszugleichen, wenn der neue Mieter sich erst verspätet um den Stromliefervertrag gekümmert hat.

Eine weitere Problematik für Vermieter und auch neue Mieter ist, dass für den Lieferantenwechsel eine Identifikationsnummer der Marktlokation (MaLo-ID) verlangt wird. In vielen Fällen hilft der Hinweis, dass die MaLo-ID auf den vorangegangenen Rechnungen angegeben sei, nicht weiter, da diese regelmäßig nur dem vorhergehenden Mieter vorliegen. Für den Fall, dass die MaLo-ID nicht bekannt ist, kann und soll der Lieferant jedoch beim Netzbetreiber die MaLo-ID erfragen. Der Lieferant benötigt dafür ausreichende Informationen zur Identifikation wie Verbrauchsstelle und Zählernummer. Eine Ablehnung des Lieferantenwechsels wegen einer fehlenden MaLo-ID sollte daher ausgeschlossen sein.

 

Martin Alter
Rechtsanwalt