Zur Bindungswirkung von Bauberatungsprotokollen
Bei der Beurteilung baurechtlicher Fragestellungen steht häufig im Streit, welche Wirkungen die Inhalte von Bauberatungsprotokollen entfalten. In einer Entscheidung vom 17.08.2011 (Aktenzeichen 7 U 227/11) hat sich das Kammergericht Berlin mit dieser Frage beschäftigt und eine weitgehende Bindung über das Institut des kaufmännischen Bestätigungsschreibens angenommen. Die gegen das Urteil erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss des BGH vom 11.10.2013 (Aktenzeichen VII ZR 301/12) zurückgewiesen.
Sachverhalt
Die Parteien streiten um Werklohn für den nicht erbrachten Teil der vertraglich vereinbarten Leistungen aus einem gekündigten VOB/B-Bauvertrag. Wegen erheblicher Bauverzögerungen waren die ursprünglich vereinbarten Vertragsfristen hinfällig. In einer Bauberatung wurde eine Frist über die Erstellung einer notwendigen Werk- und Montageplanung vereinbart. Die Vereinbarung wurde in einem Bauberatungsprotokoll festgehalten, das dem Bauunternehmen zuging und dem es nicht widersprach. Die vereinbarte Frist wurde nicht eingehalten und daraufhin der Werkvertrag gemäß §§ 8 Nr. 3 i.V.m. 5 Nr. 4 VOB/B (2006) aus wichtigem Grund gekündigt.
Ein Anspruch auf Bezahlung von Werklohn für den nicht erbrachten Teil der vertraglich vereinbarten Leistungen besteht nur, wenn die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund nicht berechtigt war und die Kündigung daher als freie (ordentliche) Werkvertragskündigung anzusehen war. Dies hängt wiederum davon ab, ob die im Bauberatungsprotokoll festgehaltene Frist bindend war.
Entscheidung
Das Kammergericht hat zu den Wirkungen des Bauberatungsprotokolls folgenden Leitsatz formuliert:
„Die Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben sind auf (Baustellen-)Protokolle entsprechend anwendbar. Der Auftragnehmer muss daher dem Inhalt eines vom Auftraggeber erstellten Protokolls unverzüglich widersprechen, will er verhindern, dass sein Schweigen wie eine nachträgliche Genehmigung behandelt wird.“
Darüber hinaus hat das Kammergericht entschieden, dass die Fristversäumnis auch ohne eine ausdrücklich Fristvereinbarung als Kündigungsgrund herangezogen werden könnte, denn wenn vereinbarte Vertragsfristen ohne Verschulden des Auftragnehmers verstrichen sind und keine neuen Vertragsfristen vereinbart werden, sei der Auftragnehmer gleichwohl dazu verpflichtet, die Ausführung angemessen zu fördern und die Erstellung der vertraglich geschuldeten Leistung nicht zu verzögern.
Praxistipp
Die verbindliche Vorgabe neuer Fertigstellungsfristen bei einer Bauverzögerung in vorangegangen Gewerken ist grundlegend für eine geordnete planbare Bauabwicklung bei Beteiligung verschiedener Gewerke. Insoweit ist es hilfreich, dass das Kammergericht die Beschleunigungspflicht der Bauunternehmen betont hat.
Für die Bindungswirkung von Bauberatungsprotokollen ist entscheidend, dass die Voraussetzungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens geschaffen werden. Wie der Begriff bereits nahelegt, wird die Bindungswirkung dadurch erreicht, dass im Protokoll der Abschluss einer Vereinbarung bestätigt wird und kein Widerspruch des Bauunternehmers erfolgt.
Eine vertragsändernde Vereinbarung in der Bauberatung setzt dabei zunächst voraus, dass auf Bauherrenseite ein Vertreter teilnimmt, der über entsprechende Vollmachten verfügt. Das kann ein entsprechend bevollmächtigter Mitarbeiter des Bauherren oder der Architekt sein, wobei auch dem Architekten eine Vollmacht für Vertragsänderungen erteilt werden muss.
Das Bauberatungsprotokoll sollte zudem so formuliert werden, dass der Vereinbarungscharakter herausgestellt wird und nicht lediglich von Informationen und einseitigen Festlegungen die Rede ist.
Martin Alter
Rechtsanwalt