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Wenn der Insolvenzschuldner Ihre Forderung „vergessen“ hat

Mit dieser Mitteilung möchten wir Ihnen einen aktuellen Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 10.07.2017 (Az.: 326 T 181/16) vorstellen, welches sich mit den vom Schuldner mit dem Insolvenzantrag vorzulegenden Vermögensverzeichnissen nebst Angabe der Gläubigergemeinschaft zu befassen hatte.


Sachverhalt:

In diesem Rechtsstreit ursprünglich vor dem Amtsgericht Hamburg, später dann Landgericht Hamburg, ging es darum, dass der Insolvenzschuldner einen seiner Hauptgläubiger nicht in den vorzulegenden Vermögensverzeichnissen angegeben hatte. Über das Vermögen des Schuldners wurde das Insolvenzverfahren eröffnet, bei der Antragstellung hatte der anwaltlich vertretene Schuldner die vorzulegenden Verzeichnisse (§ 287 Abs. 1 Satz 3 InsO und § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO) jedoch nur unvollständig angefertigt unterschrieben. Der damit im Insolvenzverfahren unberücksichtigt gebliebene und daher rügende Gläubiger wurde nach Angaben des Schuldners „vergessen“.

Aus diesem Grunde stellte der Gläubiger einen Versagungsantrag gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO. Demgemäß ist die Restschuldbefreiung durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn der Schuldner in der nach § 287 Abs. 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderung vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat.


Entscheidung:

Das Landgericht Hamburg entschied, dass es grob fahrlässig ist, wenn der Schuldner die Unterlagen zur Insolvenzanmeldung von einem Bevollmächtigten oder sonstigen Dritten erstellen lässt, ohne sie selbst noch einmal zu überprüfen. Dies gilt auch, wenn er anwaltlich vertreten ist.

Dem Schuldner wurde damit die Ausrede nicht zugestanden, dass er sich wegen Einschaltung einer Hilfsperson jeglicher Verantwortung entledigen konnte. Der Insolvenzschuldner hat das Gläubigerverzeichnis, welches er am Anfang des Insolvenzverfahrens bei Antragstellung mit der gebotenen Sorgfalt zu erstellen hat, genau zu prüfen und die dort konkreten Angaben vollständig anzugeben. Der Verweis, dass er alle Unterlagen an seinen Anwalt übersandt habe, ließ das Gericht nicht zu und unterstellte ihm damit grobe Fahrlässigkeit. Explizit war die Forderung vom Gläubiger tituliert und mit Nachdruck verfolgt worden (Zwangsvollstreckung). Dem Schuldner waren damit die Forderungen langhin und nachweisbar bekannt, auch wenn dies alte Forderungen betraf. Zudem war die Forderung auch der Höhe nach nicht unauffällig, da sie ca. 5 % aller Gesamtverbindlichkeiten des Schuldners ausmachte. Bei einer sorgfältigen Durchsicht des Gläubigerverzeichnisses vor der Unterzeichnung, hätte dem Schuldner dies auffallen müssen.


Relevanz für die Praxis:

Sollten Sie als Gläubiger daher merken, dass der Schuldner sich in einem Insolvenzverfahren befindet und Sie nicht vom Insolvenzverwalter angeschrieben bzw. informiert wurden, z. B. Aufforderung zur Anmeldung Ihrer Forderungen, sollten Sie dies umgehend beim Insolvenzverwalter und dem zuständigen Insolvenzgericht anzeigen und Einsicht in die Gläubigerverzeichnisse beantragen bzw. deren Prüfung anregen.

Explizit steht Ihnen hierfür nach der nunmehr seit mehreren Monaten erweiterten Versagungsantragsfrist bis zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung ausreichend Zeit zur Verfügung. Sie können dann bei einem entsprechenden Indiz bzw. Nachweis, dass der Schuldner Sie grob fahrlässig vergessen hat, einen Versagungsantrag für die Erteilung der Restschuldbefreiung stellen. Dies hat zur Folge, dass Ihre titulierte Forderung dann nicht von einer etwaigen Restschuldbefreiung erfasst sein wird und weiterhin vollstreckbar bleibt.

Mit dieser o. g. Entscheidung hat das Landgericht Hamburg das Risiko für den Schuldner nunmehr erheblich erhöht. Dieser hat vor Unterzeichnung von Vermögensverzeichnissen die Richtigkeit seiner Angaben zu überprüfen. Falsche Angaben sind ihm dann als eigenes Fehlverhalten zuzurechnen, wenn er dies grob fahrlässig unterlässt.

In derartigen Fällen, die teilweise erst Jahre nach der Insolvenzeröffnung und teilweise auch Insolvenzverfahrensbeendigung auftreten, beraten und unterstützen wir Sie weiterhin gern. Bitte sprechen Sie uns an.

Sebastian Tempel
Rechtsanwalt

Aktuelle Information Nr. 48/2017

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz