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Wann und wie Preisänderungsklauseln in Wärmelieferverträgen geändert werden können

Der Bundesgerichtshofs (BGH) hat sich in zwei Urteilen vom 27.09.2023 mit den Aktenzeichen VIII ZR 249/221 und VIII ZR 263/222 mit der Frage des Gestaltungsspielraums eines Fernwärmeversorgungsunternehmens bei der Ausgestaltung einer im laufenden Vertragsverhältnis einseitig angepassten Preisänderungsklausel befasst.

 

Sachverhalt

In beiden dem BGH vorgelegten Fällen ging es um die Wirksamkeit der ab Mai 2019 geänderten Preisanpassungsklausel in bestehenden Fernwärmelieferungsverträgen eines Berliner Fernwärmeversorgungsunternehmens. Aus vorangegangenen Urteilen des BGH und von Instanzgerichten ergab sich, dass die bisher von dem Fernwärmeunternehmen verwendeten Preisanpassungsklauseln unwirksam waren, da in Ihnen die Entwicklungen am Wärmemarkt nicht berücksichtigt wurden.

Die neue Anpassungsformel bindet den Arbeitspreis zu 50 % an den Energiebezugspreis des Fernwärmeunternehmens und zu 50 % an den Wärmepreisindex des Statistischen Bundesamts. Als neuer Ausgangsarbeitspreis wurde der Arbeitspreis von 2015 und als Basiswerte der Preisführungsgrößen die Jahresdurchschnitte von 2018 zu Grunde gelegt.

 

Entscheidung

Die Urteile stellten fest, dass die von dem Fernwärmeversorgungsunternehmen gewählte Ausgestaltung der neuen Preisänderungsklausel sich innerhalb des ihm eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt. Dabei wurde insbesondere auch die Verwendung unterschiedlicher Referenzjahre für den Ausgangspreis einerseits und für das Markt- und Kostenelement andererseits thematisiert.

Der BGH hat zunächst seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, dass der Fernwärmeversorger die Preisanpassungsklausel einseitig ändern kann, wenn die bisherige Klausel unwirksam ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Preisanpassungsklauseln z. B. durch Änderung der eingesetzten Brennstoffe auch erst im laufenden Vertrag unwirksam werden können, da dann eventuell die Entwicklung der eigenen Kosten nicht mehr korrekt abgebildet wird.

In den entschiedenen Fällen war die Preisanpassungsklausel unwirksam. Das führt nach der Drei-Jahres-Lösung des BGH dazu, dass dann der Arbeitspreis drei Jahre rückwirkend von der Beanstandung durch den Kunden als vereinbarter Arbeitspreis behandelt wird. Dieser gilt so lange, bis eine neue wirksame Preisänderungsklausel vereinbart oder einseitig eingeführt wird.

Die neue Preisänderungsklausel hat die Vorgaben des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV, nach dem solche Klauseln die tatsächliche Kostenentwicklung beim eingesetzten Brennstoff (Kostenelement) und die Entwicklung am Wärmemarkt (Marktelement) berücksichtigen muss, erfüllt. Der BGH gesteht dem Fernwärmeunternehmen bei der Ausgestaltung der Klausel nach den vorliegenden Entscheidungen einen Ermessensspielraum hinsichtlich der Gewichtung der Elemente und der Auswahl der Preisführungsgrößen (Indizes nach dem Statistischen Bundesamt, Börsenpreise etc.) zu.

In den beiden Fällen hat der BGH auch das Auseinanderfallen der Referenzzeiträume für die Basiswerte der Indizes (2018) und dem neuen Ausgangsarbeitspreis (2015) bestätigt. Der Ausgangarbeitspreis war ja der nach der Drei-Jahres-Lösung ermittelte zunächst feste Arbeitspreispreis. Die Referenzzeiträume der Indizes waren die zum Zeitpunkt der einseitigen Einführung der neuen Klausel anzuwendenden zeitnächsten Basiswerte, was vom BGH als gebotene Gestaltung angesehen wird.

 

Martin Alter
Rechtsanwalt

 

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