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Vorsicht bei Einmalzahlung und angekündigter Ratenzahlung – Es droht wieder einmal die Insolvenzanfechtung!

Ein neuerliches Urteil des BGH vom 16.06.2016 (Az.: IX ZR 23/15) verschiebt das wirtschaftliche Risiko auch für die Gläubiger von Mietzahlungen weiterhin zu deren Ungunsten. Im vorliegenden Fall wurde über eine hohe Forderung zwar nicht im Bereich der Vermietung entschieden, gleichwohl ist das Urteil in seinem Inhalt übertragbar.

Sachverhalt:

Die Schuldnerin hatte einen höheren sechsstelligen Zahlungsrückstand bei ihrer Gläubigerin. Die Schuldnerin erklärte sich aufgrund eines erwartbaren Zahlungszuflusses bereit, die hohen Rückstände zunächst mittels einer größeren Abschlagszahlung zu minimieren und daraufhin mehrere monatliche Ratenzahlungen für den Rest der Schulden zu leisten. Dies tat sie auch, jedoch forderte der dann doch bestellte Insolvenzverwalter diese Beträge im Rahmen der Insolvenzanfechtung (§§ 543 Abs. 1, 130 Abs. 1 InsO) zurück.

Entscheidung:

Der BGH entschied, dass die Gläubigerin bereits aus der Erklärung der Schuldnerin, dass der enorme Rückstand mit einer höheren Einmalzahlung und anschließender Ratenzahlung zurückgezahlt werden solle, Kenntnis davon hatte, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig war. Hat nämlich der Schuldner seine Zahlungen eingestellt, begründet dies auch für die Insolvenzanfechtung die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit (BGH, Urt. v. 20.11.2001 – Az.: IX ZR 48/01). Der BGH bejaht hier die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit aufgrund der sehr hohen rückständigen Forderung und dem Versuch des sogenannten „Abstotterns“. Das damit von dem Schuldner z. B. Zwangsvollstreckung, Liefereinstellung oder Kündigung verhindert werden sollen, ist irrelevant. Die falsche Tatsachenbewertung des Schuldnerangebotes ist hierbei unschädlich und wird zu Lasten des Gläubigers gewertet.

Praxistipp:

Es wird daher wichtig sein, dass Sie in Ihren Unternehmen bei sprunghaft angewachsenen Zahlungsrückständen auf z. T. hohe Beträge sowie das nur vereinzelte Ausgleichen dieser Rückstände bzw. die langfristige Ratenzahlung erkennen, dass dies anfechtungsrelevante Zahlungen sein können. Das stetige Anwachsen von Verbindlichkeiten über mehrere Monate ohne nennenswerte Tilgung indiziert nach der aktuellen Rechtsprechung in jedem Falle die Zahlungseinstellung. Vor allem das Ausüben von Druck oder die Androhung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und die daraus folgende Teilzahlung von hohen Schulden sind auf jeden Fall schädlich für Gläubiger, der die Zahlungseingänge letztlich behalten möchte. Unter dem Stichpunkt „Ausnutzen einer Zwangslage“ hat der Gläubiger laut Rechtsprechung objektiv immer zu schlussfolgern, dass der Schuldner zahlungsunfähig bzw. wirtschaftlich am Boden ist und darf die Forderung nicht mehr annehmen.

Sofern Sie daher derartige Schuldner erfasst haben, tragen wir Ihnen an, entweder im Jahresabschluss entsprechende Rückstellungen zu bilden oder ggf. Konten einzurichten, in denen derartige mit einer Rückzahlungsgefahr verbundene Beträge hinterlegt sicherheitshalber mindestens 3 Jahre werden. Es ist unbedingt darauf hinzuweisen, dass der Insolvenzverwalter im Falle der Anfechtung mehrere Monate oder gar Jahre wartet (Grenze Verjährung 3 Jahre), ehe er Forderungen geltend macht, um Verzugszinsen ab dem Datum der Insolvenzverfahrenseröffnung für die Insolvenzmasse zu generieren.

Sofern Sie in irgendeiner Weise mit Insolvenzverwaltungen tangiert werden, mahnen wir vor allem aus o. g. Gründen zur Vorsicht. Wir bieten Ihnen hierfür wie bisher selbstverständlich jederzeit sehr gern unsere Hilfe und Beratung an.

Sebastian Tempel

Rechtsanwalt

Aktuelle Information Nr. 38/2016

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz