Vorrangigkeit der Verjährungsfrist des § 548 BGB
Die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB soll den Vermieter bekanntlich zur raschen Klärung seiner Ersatzansprüche anhalten. Laut Bundesgerichtshof ist diese Vorschrift vorrangig der Regelverjährung anzuwenden. Das heißt, dass ein Schadensersatzanspruch des Vermieters nicht vor Rückgabe der Mietsache verjähren kann, auch wenn das schadensauslösende Ereignis im laufenden Mietverhältnis mehr als 30 Jahre zurückliegt.
Sachverhalt
Die Mieter hatten 1984 ihr Bad saniert. Sie bauten Bodenfliesen samt Bodenabfluss ein, jedoch ohne die erforderlichen Dichtungen. Im Juli 2016, also 32 Jahre später, drang in das unmittelbar darunter gelegene Badezimmer schwallartig Wasser durch die Decke. Laut der Schadensaufnahme war diese einsturzgefährdet, weil mehrere Deckenbalken über Jahre durch eingedrungene Feuchtigkeit beschädigt worden waren.
Die Vermieter verklagten die Mieter wegen des Wasserschadens auf 37.650 Euro Schadensersatz. Sie behaupteten, dass die im Rollstuhl sitzende Mieterin jahrelang außerhalb der Badewanne geduscht habe. Dadurch sei in den nicht abgedichteten Fußboden und die darunter gelegene Holzkonstruktion Feuchtigkeit eingedrungen.
Die Mieter erhoben wegen des Zeitablaufs die Einrede der Verjährung.
Sowohl das Amtsgericht Charlottenburg, als auch das Landgericht Berlin wiesen die Klage ab, da der Schadensersatzanspruch bereits verjährt sei. Die schadensauslösende Pflichtverletzung habe sich bereits 1984, und damit über 30 Jahre vor Klageerhebung ereignet. Abzustellen wäre auf die Verjährungshöchstfrist von 30 Jahren nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB.
Die zugelassene Revision beim Bundesgerichtshof hatte Erfolg.
Rechtslage
Der VIII. Zivilsenat stellte klar, dass § 548 BGB für bestimmte mietrechtliche Ansprüche eine abschließende Sonderregelung enthalte. Die dort normierte Verjährung von 6 Monaten beginne unabhängig von der Anspruchsentstehung, mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhalte. Eine Anspruchsverjährung sei vorliegend nicht eingetreten, da das Landgericht nicht festgestellt habe, dass die Mietsache im Sinne der Vorschrift zurückgegeben worden sei. Zwar beruhe die Verjährung auf dem Gedanken des Schuldnerschutzes, des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit, zeitnah zur Rückgabe der Mietsache über bestehende Ansprüche zum Zustand der Mietsache zu erreichen. Dies sei aber eben ausdrücklich an den Rückerhalt der Mietsache gebunden. Daher könne es kein Nebeneinander mit der 30-jährigen Regelverjährungsfrist geben.
Der BGH verwies die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Landgericht zurück.
(Urteil vom 31.08.2022- VIII ZR 132/20)
Sebastian Tempel
Rechtsanwalt