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Verpflichtung zur Teilnahme amtsärztlicher Untersuchung in Coronazeiten?

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat zur Frage Stellung genommen, wann Beschäftigte verpflichtet sein können, sich auf Veranlassung des Arbeitgebers ärztlich untersuchen zu lassen.

 

Sachverhalt

Die an einer Universität beschäftigte Klägerin sollte sich laut Anordnung ihres Arbeitgebers wegen häufiger krankheitsbedingter Fehlzeiten einer Amtsärztlichen Untersuchung unterziehen um nachzuweisen, dass sie zur Leistung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit überhaupt noch in der Lage ist. Im Wege eines gerichtlichen Eilverfahrens wollte die Klägerin feststellen lassen, dass sie hierzu nicht verpflichtet ist.

 

Rechtliche Würdigung

Das Landesarbeitsgericht hielt die Verpflichtung eines Arbeitnehmers zur Teilnahme an einer ärztlichen Untersuchung grundsätzlich für zulässig. Zwar führe eine ärztliche Untersuchung und die daran anschließende Offenbarung personenbezogener Daten durch den Arzt gegenüber dem Arbeitgeber regelmäßig zu einem Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers nach Art. II Abs. 1 i. V. m. Art. I Abs. 1 GG. Die Pflicht des Arbeitnehmers zur Mitwirkung an einer vom Arbeitgeber verlangten ärztlichen Untersuchung beeinträchtige dieses Recht jedoch nicht übermäßig. Der Arbeitgeber könne die Mitwirkung des Arbeitnehmers nicht willkürlich, sondern nur bei begründeter Veranlassung, also nur bei berechtigten Zweifeln an der Arbeitsfähigkeit des Beschäftigten, verlangen. Daran habe ein berechtigtes Interesse, weil ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer nicht in der Lage sei, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Die Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers sei die Kehrseite der Pflicht des Arbeitgebers zur Rücksichtnahme auf die Belange des Arbeitnehmers, die es gebietet, eine Überforderung des Arbeitnehmers zu vermeiden.

Wie das Landesarbeitsgericht weiter ausführt, kann eine amtsärztliche Untersuchung nicht nur aus Gründen der Fürsorge für den betroffenen Arbeitnehmer geboten sein, sondern auch dem Schutz anderer Beschäftigter oder sonstiger Dritter dienen, bspw. bei Ansteckungskrankheiten.

Verweigert ein Arbeitnehmer unberechtigt die vom Arbeitgeber angeordnete amtsärztliche Untersuchung, verletzt er eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis. Diese Pflichtverletzung kann den Arbeitgeber zu einer Abmahnung oder je nach Umständen des Einzelfalls auch zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigen.

 

 

 René Illgen

Rechtsanwalt

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