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Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth zur Aufklärungspflicht des Mieters eines Gewerbeobjektes

Mit Urteil vom 12.06.2009, Aktenzeichen 14 O 139/09, hat das Landgericht Nürnberg-Fürth verkündet, der Mieter eines gewerblichen Mietvertrages habe keine Aufklärungspflicht darüber, welche Marken er in seinem Modegeschäft vertreiben will, selbst wenn eine der vertriebenen Marken einen Bezug zu einer rechtsradikalen Szene aufweise.

Weitergehend bestünde auch keine Aufklärungspflicht bezüglich der möglichen Veranlassung Dritter gegen den Vertrieb dieser Marke durch Demonstrationen und Straftaten gegen das Mietobjekt zu protestieren. Selbst wiederholte Demonstrationen Dritter vor den Mieträumen begründeten keine fristlose außerordentliche Kündigung des Vermieters, auch wenn die Demonstrationen durch Straftaten begleitet werden.

Im vorliegenden Fall hatte die Mieterin im Bewerbungsschreiben angegeben, dass sie Mode für sportlich aktive Menschen im „Youngfashion-Bereich“ verkaufen wolle und insbesondere die Marke „Bench, Kujhio, Tita, Thor Steinar, Bax and Chico und North Face“ vertreiben wolle, wobei das Bewerbungsschreiben als Anlage zum Mietvertrag geheftet wurde. In der Folge kam es nach Geschäftseröffnung zu Demonstrationen wegen der Modemarke „Thor Steinar“, da diese mit rechtsradikaler Gesinnung in der Öffentlichkeit verbunden werde. Schließlich traten auch Beschädigungen des Hauses durch Demonstranten auf. Die Vermieterin kündigte den Mietvertrag fristlos mit der Begründung, die Mieterin habe nicht auf das mit dem Vertrieb der Marke „Thor Steinar“ verbundene Konfliktpotenzial hingewiesen.

Das Landgericht hat die Räumungsklage mit folgender Begründung abgewiesen:

Die politische Einstellung potenzieller Käufer sei der Mieterin nicht zuzurechnen, ebenso wenig wie die Möglichkeit, dass die Bürger von ihrem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen oder auch Straftaten verüben. Schließlich habe die Vermieterin die Möglichkeit gehabt, das Bewerbungsschreiben inhaltlich zu prüfen und sich selbst Kenntnis über die jeweiligen Modemarken zu verschaffen. Die konfliktbegründenden Umstände seien nicht dem Risikobereich der Mieterin zuzurechnen. Es sei sogar unerheblich, dass tatsächlich ausschließlich die Marke „Thor Steinar“ vertrieben werde.

Im Rahmen der Würdigung dieser Entscheidung ist folgendes zu beachten:

Aufklärungspflichten sind gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, insbesondere nicht im Mietrecht. Die Rechtssprechung erkennt jedoch eine vertragliche Nebenpflicht als Aufklärungspflicht an, soweit jedenfalls langfristige Dauerschuldverhältnisse betroffen sind und soweit es sich um eine Tatsache handelt, die für den störungsfreien Ablauf der Vertragsbeziehung erheblich ist. Der Vermieter muss deshalb beispielsweise bei Vertragsschluss auf erkennbare und bevorstehende Umstände, wie geplante Umbaumaßnahmen o. Ä. hinweisen, der Mieter seinerseits auf Hindernisse, die einer Zahlung des Mietzinses entgegenstehen könnten.

Dementsprechend haben andere Gerichte auch bereits Mieter verpflichtet, auf den beabsichtigten Verkauf von Produkten der Marke „Thor Steinar“ hinzuweisen, beispielsweise das Kammergericht Berlin mit Urteil vom 28.05.2009, Aktenzeichen 8 U 223/08.

Im vorliegenden Fall des Landgerichts Nürnberg-Fürth hatte die Mieterin jedoch im Bewerbungsschreiben angegeben, dass sie diese Modemarke vertreiben werde, lediglich nicht darauf hingewiesen, dass hier mit Konfliktpotenzial einhergehe. Aus diesem Grunde wurde die Räumungsklage letztlich abgewiesen.

Die Entscheidung des Kammergerichts wird derzeit revisionsgerichtlich beim BGH anhängig.

Noreen Walther
Rechtsanwältin