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Urteil des BGH zur Rechtzeitigkeit der Mietzahlungen in der Wohnraummiete

Für die laufende Bruttomiete ist die Vorauszahlungspflicht zum 3. Werktag des Monats für die Wohnraummieter in § 556 b BGB gesetzlich geregelt.

Umstritten ist nach wie vor, ob der Mieter bis zum 3. Werktag des Monats die Zahlung nur ausgelöst haben oder ob zu diesem Zeitpunkt das Geld bereits beim Vermieter eingegangen sein muss. Überwiegend wurde in neuerer Zeit in Literatur und Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die Miete am 3. Werktag bereits beim Vermieter eingegangen sein müsse.

Der BGH hat sich jedoch im Urteil vom 05.10.2016 zu Az. VIII ZR 222/15 der mieterfreundlichen Gegenansicht angeschlossen und in den Urteilsgründen ausgeführt:

  • Gemäß § 556 b Abs. 1 BGB genüge es, wenn der Mieter die Leistungshandlung bis zum 3. Werktag vorgenommen habe. Die Bestimmung sei durch das Mietrechtsreformgesetz zum 01.09.2001 eingeführt worden und habe die vormalige Regelung, wonach die Miete gesetzlich zum Monatsende zu zahlen war, abgelöst. Nach der Gesetzesbegründung wurde darauf abgestellt, dass nach damals weit verbreiteten Mietvertragsklauseln die Miete zum 3. Werktag zu entrichten war, wobei es gerade nicht auf den Zahlungseingang ankam.
  • Auch der Wortlaut des § 556 b BGB stelle eindeutig auf die Vornahme der Zahlungshandlung und nicht den Eintritt des Leistungserfolges ab.
  • Der Ort der Leistungshandlung bleibe nach §§ 269, 270 BGB der Wohnsitz des Schuldners. Dort müsse dieser alles Notwendige rechtzeitig getan haben, um den Gläubiger zu befriedigen. Der Leistungserfolg – Eingang auf dem Vermieterkonto – gehöre jedoch nicht mehr dazu.
  • Der Zahlungsdienstleister sei nicht Erfüllungsgehilfe des Mieters.
  • Die Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ändere daran auch nichts, denn auch nach dieser dürfe der Schuldner nicht für Verzögerungen durch Banken verantwortlich gemacht werden und außerdem gelten sie nur für Geschäftsleute und nicht für Verbraucher. Der Gesetzgeber habe sich bislang ebenfalls nicht zur Umsetzung der Richtlinie gegenüber Verbrauchern durchringen können.

Umstritten sind des Weiteren Vertragsklauseln, die die vorstehend geschilderte gesetzliche Regelung zugunsten des Vermieters ändern, so dass es für die Frage der Rechtzeitigkeit auf den Zeitpunkt des Geldeingangs auf dem Konto des Vermieters – also auf den Eintritt des Leistungserfolges – ankommt. Diese sogenannten „Rechtzeitigkeitsvereinbarungen“ galten nach bislang überwiegender Ansicht auch formularvertraglich zulässig.  

Der BGH hat sich in der Entscheidung vom 05.10.2016 zu Az. VIII ZR 222/15 aber auch insoweit mieterfreundlich positioniert:

  • Bei gebotener kundenfeindlichster Auslegung trage der Mieter auch das Risiko von Verzögerungen, die durch die Kreditinstitute zu verantworten sind. Das benachteilige den Mieter unangemessen.
  • Die Klausel müsse also erkennen lassen, dass er für die außerhalb seines Einflussbereiches liegenden Fehler beteiligter Banken nicht einstehen müsse.

Eine denkbare Klausel sowie weitere Hintergrundinformationen und Fundstellennachweise können unsere Mandanten mit Beratungsvertrag im passwortgeschützten Servicebereich der Homepage www.strunz-alter.de (Service – Leitfaden – Mietzahlung – Fälligkeitsvereinbarungen) unter dem Link http://www.strunz-alter.de/content/x21-f%C3%A4lligkeitsvereinbarungen einsehen.

Die Rechtsansicht des BGH wird sicherlich auf Kritik an den Untergerichten und in der Literatur stoßen, bedeutet sie doch eine gravierende Abwendung von der bisher herrschenden Rechtsmeinung und vermengt sie doch zum Schutz des Mieters Fragen der Vereinbarung von Zahlungsterminen mit der Frage nach dem Vertretenmüssen einer Verzögerung, das als Kriterium für die Zulässigkeit des Ausspruchs einer Mietvertragskündigung gilt. Dennoch ist das Urteil des BGH Leitlinie für die Gestaltung aktueller Vertragsmuster.

Hinweis:

Der Mustermietvertrag der Kanzlei ist neu überarbeitet worden und steht ebenfalls im Servicebereich zum download zur Verfügung.

Noreen Walther

Rechtsanwältin

Aktuelle Informationen Nr. 52/2016

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz