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Urteil des BGH zur Höhe der Nutzungsentschädigung bei Mietmängeln

Der für die Gewerberaummiete zuständige 12. Senat des BGH hat im Urteil vom 27.05.2015 zu Az. XII ZR 66/13 grundlegende Ausführungen zur Möglichkeit der Minderung einer Nutzungsentschädigung nach beendetem Mietverhältnis bekannt gegeben.


Hintergrund

Gemäß § 546 a BGB kann der Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung, d. h. für den Zeitraum, in dem der Mieter nach Beendigung des Mietvertrages die Mietsache nicht zurückgibt, obwohl er hierzu verpflichtet ist, als Entschädigung die vereinbarte Miete oder die Miete verlangen, die für vergleichbare Sachen ortsüblich ist. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.


Sachverhalt

Der Vermieter klagte auf Zahlung einer ungeminderten Nutzungsentschädigung in Höhe der zuletzt vereinbarten Gesamtbruttomiete. Der Mieter berief sich auf Mängel des Mietobjektes im Zeitraum nach Beendigung des Mietverhältnisses und rechnete zudem mit einem Schadenersatzanspruch auf. Letzterer sei entstanden, weil aufgrund der Mietmängel Wasserschäden aufgetreten seien, die Schäden an seinen Sachen verursacht hätten.


Die Entscheidung

§ 546 a Abs. 1 BGB stellt nach Auffassung des BGH keinen Schadenersatzanspruch, sondern einen vertraglichen Anspruch eigener Art zu, der nicht von einer Gegenleistung abhängig ist. Entscheidend sei die Höhe der zuletzt geschuldeten Miete. Der BGH verwies zunächst auf eine frühere Entscheidung aus dem Jahre 1960, wonach bei einer Vorenthaltung der Mietsache, die zu einer Minderung der Miete im Zeitpunkt der Beendigung geführt hatte, auch zu einer Minderung der Nutzungsentschädigung im entsprechenden Maß führt, weil der „kraft Gesetzes geminderte Betrag, der im Augenblick der Beendigung des Mietverhältnisses vereinbarte Mietzins sei“.

Tritt jedoch nach Beendigung des Mietverhältnisses erstmals eine oder eine weitere Verschlechterung der Mietsache ein, ist die Nutzungsentschädigung aus diesem Grunde nicht weiter zu mindern.

Während eines Mietverhältnisses sei der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch zu gewähren. Diese Verpflichtung ende gerade mit Beendigung des Mietverhältnisses. Ab diesem Zeitpunkt sei die Vertragsbeziehung gerade auf Abwicklung angelegt und § 546 a BGB solle dem Vermieter „ein für alle Mal“ einen Zahlungsanspruch in Höhe eines Mindestbetrages gewähren und Streitigkeiten gerade vermeiden. Der Anspruch soll für den Vermieter leicht durchsetzbar sein und der Höhe nach weder davon abhängig, ob dem Vermieter ein nachweisbarer, wirtschaftlicher Schaden entstanden ist noch ob der Mieter einen entsprechenden Nutzwert hat ziehen können. Es sei durchaus zulässig, dass aufgrund der ungeminderten Fortzahlungspflicht ein zusätzlicher Druck auf den früheren Mieter ausgeübt wird, denn das Fortbestehen dieses ungleichen Verhältnisses sei schließlich nur noch allein vom Willen des Mieters abhängig, der durch Erfüllung der ihm obliegenden Pflicht zur Rückgabe, diesen Zustand selbst leicht beenden könne. Während der dauernden Nutzungsentschädigung sei der Vermieter nicht mehr zur Instandsetzung und Instandhaltung gegenüber diesem Mieter verpflichtet.

Im Einzelfall könne sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben eine andere Beurteilung ergeben. Dies sei insbesondere der Fall, wenn der Mieter mit nachvollziehbaren Erwägungen annehmen konnte, er sei weiterhin besitzberechtigt. Das war im vorliegenden Fall jedoch aufgrund des rechtskräftigen Räumungsurteils bereits ausgeschlossen.

Weiterhin komme eine entsprechende Gebrauchserhaltungspflicht in Betracht, wenn dem Mieter eine Räumungsfrist eingeräumt worden sei.

Des Weiteren hat der BGH bereits in der Vergangenheit Einschränkungen bei der Zulässigkeit der Versorgungssperre auch im Gewerberaummietrecht vorgenommen, insbesondere wenn dem Mieter ein erheblicher Schaden hieraus drohen würde.

Letztlich könnten auch akute oder schwerwiegende Gefahren für Leben oder Gesundheit sowie hohe Eigentumswerte des Mieters einen Anspruch auf Instandhaltung und Instandsetzung während der Nutzung nach Vertragsbeendigung begründen. Auch in diesem Fall habe es grundsätzlich der Mieter jedoch selbst zu verantworten, seine Rechtsgüter durch Erfüllung der Rückgabepflicht selbst zu schützen. Lediglich wenn die Aufrechterhaltung des Besitzes in einem milderen Licht erscheinen könne, so bei Anwendung von Vollstreckungsschutzvorschriften oder unverschuldetem Rechtsirrtum des Mieters könne eine andere Beurteilung angemessen sein.

 

Noreen Walther
Rechtsanwältin

Aktuelle Informationen Nr. 36/2015

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz