>

Teilgebrauchsüberlassung an Familienmitglieder ist kein Fall der Gebrauchsüberlassung an Dritte gemäß §§ 540, 553 BGB

In der Praxis ist es oft der Fall, dass beim Abschluss eines Wohnungsmietvertrages nur ein, z.B. das solvente, Familienmitglied Vertragspartei wird. Was geschieht jedoch, wenn diese Vertragspartei ihren Lebensmittelpunkt verlegt und die anderen Familienmitglieder die Wohnung weiternutzen?

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten vor Gericht u.a. über die Wirksamkeit der vermieterseitig erklärten Kündigung des Wohnungsmietvertrages wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung an den Sohn des Mieters. Der Vermieter war der Meinung, dass nach Verlegung des Lebensmittelpunktes der Mietparteien und nur noch sporadischer Nutzung der Wohnung, diese keine Familienwohnung mehr wäre und hier eine weder genehmigte noch zulässige Gebrauchsüberlassung vorliege.

Das Amtsgericht gab der Räumungsklage statt. Die Berufung der Beklagten war jedoch erfolgreich und führte zur Klageabweisung.

 

Entscheidung

Das Landgericht Berlin urteilte, dass die Wohnung ihre Eigenschaft als Familienwohnung nicht verloren habe, da der Mieter nachweislich weiterhin die Wohnung mit nutze und damit Mitgewahrsam an der Wohnung ausübt. Die Beweisaufnahme hatte ergeben, dass der Mieter einzelne Wohnräume zum Arbeiten und als Atelier benutzte. Es ist dann noch von einer „Familienwohnung“ auszugehen, wenn eine Teilgebrauchsüberlassung im Sinne von § 553 Abs. 1 gegeben ist, da der Mieter, wie hier vorliegend, noch persönliche Gegenstände in der Wohnung halte und über Schlüssel verfüge (vgl. BGH NJW 2014, 2717).

Der Sohn als Familienangehöriger ist auch nicht Dritter im Sinne der Vorschriften des §§ 540, 553 BGB, da die Familie wegen ihrer engen, unter dem ausdrücklichen Schutz der Verfassung stehenden, persönlichen Beziehungen hiervon ausgenommen ist (BGH NJW 2013, 2507).

Das Amtsgericht hatte verkannt, dass es nicht nur auf den Lebensmittelpunkt bzw. auf einen gemeinsamen Hausstand des Mieters mit den Familienangehörigen ankommt.

(LG Berlin, Aktenzeichen 64 S 204/22, Urteil vom 30.01.2023)

 

 

René Illgen
Rechtsanwalt

Praxistipp für eingeloggte Mandanten

Der Praxistipp steht eingeloggten Mandaten zur Verfügung.

Zum Login