Reform des Betreuungsrechts
Zum 01.01.2023 tritt die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts in Kraft (BGBl. 2021, Seite 882, verkündet am 12.05.2021). Es erfolgt demnach eine Änderung wesentlicher Gesetze (z. B. ZPO, BGB, FamFG, SGB). Aufgrund von Schnittstellen im täglichen Geschäftsbetrieb von Wohnungsunternehmen beim Umgang mit Ihren Mieter*innen möchten wir Ihnen daher die für Sie möglicherweise relevanten Aspekte im Betreuungsrecht hervorheben.
Sofern bei Ihnen im Bestand betreuungsbedürftige Mieter*innen wohnen, wird deren Selbstbestimmungsrecht und autonome Entscheidungskompetenz weiter gestärkt. Ein Ziel der Reform ist die intensive Implikation einer Erforderlichkeit der Betreuung. Dies bedeutet, dass eine Anordnung zur Betreuung gerichtlich nur erfolgen darf, sofern alle im Vorfeld sozialrechtlichen und sozialen Hilfen für Betroffene ausgeschöpft wurden oder aussichtlos sind. Des Weiteren haben Betroffene in erweitertem Umfang Mitspracherechte als bisher schon. So sollen Betroffene mitentscheiden dürfen, ob ein/e Betreuer*in bestellt wird und welche Person dies sein soll. Der Schutz des freien Willens von nicht volljährigen Betroffenen ist hervorgehoben, so dass eine Betreuerbestellung grundsätzlich nicht zwangsweise erfolgen darf.
Auch wird die Stellung von Betreuer*innen eingeschränkt im Hinblick auf dessen Vertretung. Betreuer*innen müssen künftig den Wünschen des Schützlings im Kern folgen und diese als Maßstab für das Handeln zugrunde legen. Dieser Aspekt wird künftig auch gerichtlich stärker kontrolliert werden, explizit soll pflichtwidriges Handeln zulasten des Betroffenenwillens besser erkannt und auch sanktioniert werden können. Hierzu führt der Gesetzgeber ein neues Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) ein, welches Betreuungsbehörden leiten und verpflichten soll. Weiterführend wird im Sinne eines Qualitätsstandards die Stellung anerkannter Betreuungsvereine sowie deren finanzielle Ausstattung gestärkt, die somit Wissen, Kenntnisse und Fähigkeiten bündeln und effizienter nutzen können.
Letztlich wird nunmehr auch ein neues Betreuerregister eingeführt, welches persönliche und fachliche Fähigkeiten und Eignungen von berufsmäßigen Betreuer*innen bestätigt und voraussetzt.
Sebastian Tempel
Rechtsanwalt