>

Recht des Vermieters zur fristlosen Kündigung eines psychisch kranken Mieters wegen dauerhafter Lärmbelästigung

Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Bundesgerichtshof haben mehrfach in Entscheidungen bekräftigt, dass im Rahmen der Interessenabwägung bei Ausspruch einer Kündigung auch die Wertentscheidungen des Grundgesetzes zu berücksichtigen seien, die von Nachbarn behinderter oder kranker Menschen ein erhöhtes Maß an Toleranzbereitschaft erfordern.

Das Amtsgericht Berlin-Tempelhof/Kreuzberg musste sich im Urteil vom 12.09.2014, Az. 25 C 219/13, mit dem Fall einer zu 80 % schwerbehinderten und unter Betreuung stehenden Mieterin befassen, der der Vermieter wegen ständiger Störung des Hausfrieden den Mietvertrag fristlos gekündigt hatte.

Zugrunde lagen zahlreiche Mieterbeschwerden und Lärmprotokolle, wonach nahezu täglich, insbesondere in den Abendstunden, erhebliche Lärmbelästigungen zu verzeichnen seien. Bei ständigem Besuchsempfang käme es zu lauten Streitigkeiten und körperlichen Auseinandersetzungen, die im Abstand von ca. 2 Tagen jeweils zu Polizeieinsätzen führten. Das Geschrei sei nicht nur in der Wohnung sondern auch in der Umgebung zu hören, zudem werfe die Mieterin Müll aus dem Fenster.

Während die Vorfälle als unstreitig galten und die Mieterin auch unstreitig schuldunfähig gewesen ist, hatte das Amtsgericht aufgrund der o. g. Leitentscheidungen zu prüfen, ob die anderen Bewohner des Hauses sowie der Vermieter dennoch zu einer besonderen Rücksichtnahme verpflichtet seien. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Mieterin sonstige Verpflichtungen, insbesondere zur Mietzinszahlung, ordnungsgemäß erfülle.

Da im streitigen Fall jedoch die Lärmbelästigungen eine derartige Häufigkeit und Intensität erreicht hatten, dass bereits Gesundheitsgefahren für die anderen Mieter bestünden, überwogen nach Ansicht des Gerichts die Interessen des Vermieters und der gestörten Nachbarn. Zudem stünden mildere Mittel, wie eine Betreuung, nicht mehr zur Verfügung, da selbige bereits angeordnet war.

Der Fall zeigt eindrucksvoll, dass nicht jede erhebliche Störung des Hausfriedens zu einer Kündigung berechtigt. Gerade bei kranken Mietern stellen die Gerichte durchaus höhere Anforderungen und entsprechende Prozesse bedürfen einer umfangreicheren Vorbereitung.

Noreen Walther

Rechtsanwältin

Aktuelle Information Nr. 8/2016

Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz