Presserechtlicher Auskunftsanspruch bei kommunalen Unternehmen
In einer kürzlich ergangenen Entscheidung vom 16.03.2017 (Az.: I ZR 13/16) hat sich der Bundesgerichtshof mit der Klage eines Journalisten gegen ein nordrheinwestfälisches kommunales Unternehmen (hier eine Aktiengesellschaft) befasst. Die Beklagte ist ein überwiegend vom kommunalen Gesellschafter beherrschtes Unternehmen und hatte der Presse zunächst die begehrten Auskünfte zu Aufträgen, Leistungen und Zahlungen verweigert. Dies wurde vom BGH mit dem Argument eines überwiegenden öffentlichen Informationsinteresses abgelehnt.
Der BGH hat nunmehr entschieden, dass ein presserechtlicher Auskunftsanspruch gegenüber einer privatrechtlichen Gesellschaft der öffentlichen Hand uneingeschränkt geltend gemacht werden kann, sofern ein berechtigtes Informationsinteresse der Presse besteht und der Auskunftsanspruch z. B. nicht in Geheimhaltungsinteressen von Verträgen des Unternehmens eingreift. Die Kapitalgesellschaften, die im Bereich der gemeindlichen Daseinsvorsorge tätig sind und deren Anteile sich mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, unterliegen diesem Anspruch. Für Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt ergibt sich der Auskunftsanspruch jeweils aus § 4 Abs. 1 Landespressegesetz.
Grundlegendes Argument für das umfassende Auskunftsrecht ist nach dem BGH, dass Begriff der auskunftspflichtigen Behörde weit auslegbar ist. Er erfasst demnach auch juristische Personen des Privatrechts, die von der öffentlichen Hand beherrscht und zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, etwa im Bereich der o. g. Daseinsvorsorge, eingesetzt werden. Der BGH setzt die Grenze der Beherrschung durch die öffentliche Hand hierbei auf eine Anteilsbeteiligung von mehr als 50 %. Im Rahmen des ebenfalls in den o. g. Pressegesetzen enthaltenen Auskunftsverweigerungsrechts (jeweils § 4 Abs. 2) findet gleichwohl jeweils im Einzelfall eine umfangreiche Interessenabwägung zwischen dem Informationsinteresse der Presse sowie dem Interesse der jeweiligen Gesellschaft bzw. des betroffenen Unternehmens an seiner Geheimhaltung bzw. anderen Gründen statt.
Inwieweit Sie sich daher einer Anfrage zu Informationen bzw. Auskunftsersuchen der örtlichen Presse teilweise entziehen oder diese gar verweigern können, ist stets sensibel und einzelfallbezogen zu prüfen.
Sebastian Tempel
Rechtsanwalt
Aktuelle Informationen Nr. 16/2017
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz