Nach „Freigabe“ der Mietsache: Keine Auszahlung der Mietkaution an den Insolvenzverwalter
Der BGH hat mit seiner neuen Leitentscheidung vom 16.03.2017 (Az.: IX ZB 45/15) nunmehr ein Machtwort gesprochen und unsere bisherige Auffassung bestätigt. Bislang gab es zu dieser Problematik keine verbindliche Aussage des BGH, insoweit verweisen wir nochmals höflich auf unsere Aktuelle Information vom 23.11.2016 (NR. 47/2016).
Nunmehr wurde entschieden, dass der Insolvenzverwalter die Rückzahlung der Mietkaution nicht mehr verlangen kann, wenn er Ihnen gegenüber als Vermieter seine Enthaftungserklärung gemäß § 109 Abs. 1 S. 2 InsO abgegeben hat. Eine etwaige Nachtragsverteilung scheidet daher aus.
Begründet wird dies damit, dass die Mietkaution nicht mehr dem Insolvenzbeschlag unterliegt, wenn der Insolvenzverwalter sie aus seiner Insolvenzmasse „freigibt“. Der Anspruch auf Rückzahlung einer Mietkaution entsteht nämlich grundsätzlich aufschiebend bedingt zu Beginn des Mietverhältnisses mit der Entrichtung der Kaution an den Vermieter und wird fällig durch die Beendigung des Mietverhältnisses und die Rückgabe der Mietsache.
Nach dem BGH kann der Insolvenzverwalter, der das Mietverhältnis von seinem Insolvenzverfahren loslösen möchte, daher auch nicht mehr auf die dort befindlichen Vermögenswerte (Kaution, Guthaben aus Betriebskostenguthaben) zugreifen. Dies hatte der BGH bereits mit seiner weiteren Leitentscheidung vom 22.05.2014 für Betriebskostenguthaben entschieden, nunmehr erfolgt dies auch für die zurückzuzahlende Mietkaution. Nach der Frist des § 109 Abs. 1 S. 2 InsO kann der Schuldner daher über ein etwaig freiwerdendes Mietkautionsguthaben wieder selbst verfügen.
Damit schließt sich nach unserer Auffassung der Kreis, dass der Insolvenzverwalter mit Abgabe der Enthaftungserklärung (gedanklich) völlig aus dem weiterlaufenden Mietverhältnis gestrichen werden kann.
Selbstverständlich gilt dies nur für die Höhe einer Mietkaution im Rahmen des bisher gesetzlich Zulässigen (§ 551 Abs. 1, Abs. 3 S. 4 BGB). Darüber hinaus bestehende Kaution, also mehr als 3 Monatsmieten, dürfte ggf. jedoch wieder dem Insolvenzbeschlag unterliegen, §§ 35, 80, 148 InsO.
Nur für den Fall, dass keine Enthaftungserklärung („Freigabe“) des Insolvenzverwalters vorliegt, fällt die Mietkaution in die Insolvenzmasse bei Beendigung des Wohnraummietverhältnisses. Dann ist der Insolvenzverwalter jedoch im Gegenzug auch zum Ausgleich von Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis verpflichtet. Wir raten daher ab sofort zur unbedingten Vorsicht und Kontrolle, falls demnächst Mietkautionen zur Rückzahlung fällig sind und bei Ihnen ein Insolvenzverfahren in der Mieterakte vermerkt ist. Die Mietkaution im bestehenden Mietverhältnis dient bis zu dessen Beendigung nach Maßgabe der getroffenen Sicherungsabrede stets dazu, die mietvertraglichen Ansprüche des Vermieters zu sichern.
Sebastian Tempel
Rechtsanwalt
Aktuelle Informationen Nr. 17/2017
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz