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Minderung und Schadenersatz bei Ungezieferbefall in der Mietwohnung

In der Praxis mehren sich derzeit die Fälle des Ungezieferbefalls durch Motten, Ameisen, Bettwanzen oder andere Insekten. Inwieweit der Mieter bei einem solchen Befall berechtigt ist, die Miete zu mindern bzw. ob andererseits der Vermieter Schadenersatz für die Beseitigung des Befalls verlangen kann, bemisst sich an den Umständen des Einzelfalls.

 

  1. Mietminderung

Die Miete (Bruttomiete) ist kraft Gesetzes gemindert, sobald der Gebrauch der Mietsache nicht nur unerheblich beeinträchtigt ist. Der Mieter ist zur Vornahme der Minderung aber erst dann berechtigt, wenn dem Vermieter der Mangel bekannt ist, sei es aus eigenen Erkenntnissen oder aufgrund einer Mangelanzeige des Mieters, § 536c BGB. Hat der Mieter den Mangel zu vertreten, weil er selbst schuldhaft und pflichtwidrig den Befall verursacht hat, darf er die Miete ebenfalls nicht mindern.

Ob jedoch eine solche zu vertretende Pflichtwidrigkeit vorliegt, ist im Einzelfall zu prüfen. Sofern der Mieter lediglich die Mietsache vertragsgemäß gebraucht, ist dies gerade nicht der Fall, § 538 BGB. In einem Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 30.3.2021 zu Az. 35 C 5509/19 hatten die Mieter wegen eines Befalls mit Bettwanzen die Miete gemindert, der Vermieter daraufhin wegen Zahlungsverzugs gekündigt und Räumungsklage erhoben. Das Gericht wies die Klage ab.

Das Gericht führte aufgrund eines Sachverständigengutachtens zur Begründung an, dass Bettwanzen über-wiegend passiv verbreitet werden, indem diese durch Taschen und andere Gepäckstücke oder gebrauchte Gegenstände in die Wohnungen gelangen, sodass selbst der tägliche Einkauf eine entsprechende Gefahr berge, nicht dagegen mangelnde Hygiene oder Reinlichkeit. Deshalb sei der Bettwanzenbefall richtig nicht durch den Mieter zu vertreten, sondern beruhe auf einem vertragsgemäßen Gebrauch. Zumutbare und effektive Präventionsmaßnahmen für Mieter existierten nicht. Im Fall war eine Minderungsquote von 60 % als gerecht-fertigt erachtet worden.

 

  1. Urteil des Amtsgerichts Merseburg

Im Fall des Urteils des Amtsgerichts Merseburg vom 29.1.2021 zu Az. 6 C 381/19 war in der Wohnung ein Befall mit Dörrobstmotten aufgetreten. Der Vermieter verlangte vom Mieter den Ersatz der Kosten für die Schädlings-bekämpfung. Das Gericht wies darauf hin, dass ein solcher Schadensersatzanspruch ein Verschulden des Mieters voraussetze. Der Vermieter müsse die Möglichkeit, dass der Schädlingsbefall dadurch entstanden sein könne, dass die Tiere durch Fenster, Schächte oder Ritzen aus einer anderen Wohnung kommend in die Wohnung eingedrungen sind, ausschließen. In der mündlichen Verhandlung wurden Zeugen vernommen zu der Frage, an welcher Stelle der Schädlingsbefall zu verzeichnen war. Die Zeugen gaben an, dass sich einige Exemplare hinter Fußbodenleisten im Wohnzimmer, Kinderzimmer und Flur befunden hätten, nicht dagegen in der Küche, wo sie bei einem Einbringen durch Lebensmittel zu vermuten wären. Zudem sei es nicht ausreichend, dass kein anderer Mieter einen entsprechenden Schädlingsbefall gemeldet habe.

 

  1. Sonstige Haftungsgründe

Kann dagegen nachgewiesen werden, dass der Befall zumindest auf einem Mitverschulden des Mieters beruht, weil dieser seine Anzeigepflicht verletzt hat oder nach offenkundig Werden des Befalls keine eigenen Gegenmaßnahmen ergriffen und somit zugelassen hat, dass der Befall sich in erheblichen Maße ausgeweitet hat, kommen durchaus Regressansprüche in Betracht.

 

 

 

 

Noreen Walther
Rechtsanwältin