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Kündigung des Wohnungsmietvertrages bei psychisch erkrankten Mietern

Der Sächsische Verfassungsgerichtshof hat vor einigen Monaten eine Verfassungsbeschwerde als unzulässig zurückgewiesen (Beschluss v. 30.08.2023, Az. Vf. 40-IV-23 (HS)), mit der ein psychisch erkrankter Mieter die Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes gemäß Art. 18 Abs. 1 SächsVerf i. V. m. dem Staatsziel aus Art. 7 Abs. 2 SächsVerf gerügt hatte. Er wendete sich damit gegen ein Urteil des Amtsgerichtes Dresden vom 09.02.2023 (Az. 146 C 757/22), mit dem er zur Räumung und Herausgabe seiner Wohnung an die Vermieterin verurteilt worden war. Die dagegen eingelegte Berufung hatte das Landgericht Dresden mit Beschluss vom 26. Juni 2023 (4 S 88/23) ebenfalls zurückgewiesen.

 

Sachverhalt und Entscheidungen

Die Vermieterin hatte das zwischen den Prozessparteien bestehende Wohnungsmietverhältnis fristlos gekündigt, da der Mieter trotz vorangegangener Abmahnungen den Hausfrieden und seine Nachbarn systematisch, wiederholt und nachhaltig gestört, daneben Beschädigungen an der Mietsache zu verantworten sowie Beauftragten der Vermieterin den Zutritt zur Wohnung verweigert und diese letztlich auch bedroht hatte.

Nachdem der Mieter die Wohnung nicht zurückgab, erhob die Vermieterin Räumungs- und Herausgabeklage vor dem Amtsgericht. Der Mieter wehrte sich gegen die Klage mit dem Einwand, dass er an einer psychischen Krankheit im Sinne des Betreuungsrechts leide, die seine Geschäftsfähigkeit und seine freie Willensbildung aufhebe. Er bestritt die gegen ihn erhobenen Vorwürfe u. A. damit, dass er von seinen Entgleisungen aufgrund seiner Krankheit nichts wisse und daher nicht schuldhaft gehandelt habe. Dem folgte das Amtsgericht nicht. Der Mieter habe nicht substantiiert dargelegt, seit wann er an welcher psychischen Krankheit leide. Nicht jede psychische Krankheit beeinträchtige zu jeder Zeit die Geschäftsfähigkeit. Darüber hinaus hänge das Durchgreifen der fristlosen Kündigung nicht von davon ab, dass der zugrundeliegende Sachverhalt im Sinne schuldhaften Verhaltens vom Mieter zu vertreten sei, so dass auch Mietverhältnisse mit psychisch kranken oder schuldunfähigen Mietern nach § 543 Abs. 1 BGB fristlos gekündigt werden könnten, wenn sich aus der Gesamtschau ergäbe, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach allen Umständen nicht mehr zumutbar sei. Das Amtsgericht sah das vorliegend als gegeben an und verurteilte den Mieter antragsgemäß zur Räumung der Wohnung.

Der Mieter begründete seine gegen das Urteil eingelegte Berufung damit, dass das Amtsgericht seinen Gesundheitszustand nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt habe. Das Landgericht Dresden führte in einem Hinweisbeschluss dazu aus, dass der Mieter keine ausreichenden Tatsachen zu seinem Gesundheitszustand, zu seinen Einschränkungen und Hindernissen bei der Wohnungssuche vorgetragen habe. Allein der Verweis auf den Grad der Behinderung und die Beiziehung der Betreuungsakte reiche hier nicht aus, um eine Schuldunfähigkeit zu belegen. Darüber hinaus könne selbst bei Schuldlosigkeit das Maß des zumutbaren in einer Weise überschritten sein, dass die fehlende oder eingeschränkte Verantwortlichkeit des Mieters zurücktrete. Im Rahmen dieser Abwägungen seine die Wertentscheidungen des Grundgesetzes, insbesondere des Artikels 3 Abs. 3 GG, und die daraus folgende erhöhte Toleranzbereitschaft ebenso zu beachten wie die Folgen einer Vertragsfortsetzung für den Vermieter.

Vorliegend kam das Landgericht zu dem Schluss, dass die Zumutbarkeitsgrenze deutlich überschritten sei, da durch das störende Verhalten des Mieters zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten die Belastung anderer Mieter bereits zu Beendigungen der Mietverhältnisse geführt hätten und die Vermieterin die angrenzenden Wohnungen nicht neu vermieten könne. Den dadurch entstehenden wirtschaftlichen Schaden könne der Mieter auch nicht kompensieren. Darüber hinaus gehe die Häufigkeit und die Intensität der Störungen insbesondere in den Nachtstunden über das normale Maß der erhöhten Toleranzbereitschaft gegenüber einem psychisch kranken Mieter hinaus.

Mit der Verfassungsbeschwerde rügte der Mieter nachfolgend die Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes gemäß § 18 Abs. 1 SächsVerf. sowie die Verletzung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz. Die aus dem Gleichbehandlungsgebot erwachsende Unterstützung behinderter Menschen könne auch darin bestehen, dass ordentliche Gerichte die Anforderungen bei Darlegungs- und Beweislast einer behinderten Partei nicht überspannen dürften. Diese Grundsätze hätten das Amtsgericht und das Landgericht verkannt, indem sie insbesondere in der vorzunehmenden Gesamtschau nach § 543 BGB keinerlei Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand und seiner Schuldfähigkeit getroffen hätten.

Der Verfassungsgerichtshof wies die Beschwerde als unzulässig zurück, da die Beschwerdeschrift nicht den Begründungsanforderungen entspricht. Der Beschwerdeführer hätte substantiiert die Möglichkeit einer Verletzung eigener Grundrechte aus der Verfassung des Freistaates Sachsen darlegen müssen. Wird ein Grundrechtsverstoß, wie vorliegend, durch Verletzung des von den Fachgerichten auszulegenden und anzuwendenden Rechts gerügt, muss dargelegt werden, dass und wodurch der Richter die Bedeutung verfassungsbeschwerdefähiger Rechte sowie die Grundrechtsrelevanz der zu entscheidenden Frage nicht gesehen, den Gehalt des maßgeblichen Grundrechts verkannt oder dessen Auswirkungen auf das einfache Recht in fehlerhafter Weise missachtet hat. Der Beschwerdeführer hat sich nicht mit der durch das Landgericht vorgenommenen Abwägung – unter Einbeziehung des Art. 3 Abs. 3 GG auseinandergesetzt, sondern sich auf die Wiederholung der eigenen abweichenden einfach-rechtlichen Auffassung beschränkt, ohne sich auf verfassungsrechtlicher Ebene konkret mit den angegriffenen Entscheidungen zu befassen.

 

Sebastian Tempel
Rechtsanwalt

 

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