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Klage der WEG auf Beseitigung einer ungenehmigten baulichen Veränderung und Widerklage auf Gestattung

Sachverhalt

Ein Sondereigentümer hatte seine Gewerbeeinheit zum Zwecke des Betriebs einer Shisha-Bar verpachtet. Die Pächter nahmen in der Folge mehrfach bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum vor, ohne dass hierüber ein Beschluss gefasst worden war. So rissen sie – im Oktober 2020 und damit vor der letzten Gesetzesreform – zunächst eine tragende Wand heraus, was Setzungsrisse zur Folge hatte und zu einem amtlichen Baustopp führte. Sodann durchbohrten sie – im Juli 2021 und damit nach der Gesetzesreform 2020 – mehrfach die Fassade, um eine Lüftungsanlage installieren zu können, so dass die WEG eine einstweilige Verfügung erwirken musste, um den Weiterbau zu stoppen. Nach Eröffnung der Bar nahm die WEG den verpachtenden Sondereigentümer auf Rückbau gerichtlich in Anspruch, was bereits während der Baumaßnahmen beschlossen worden war, nachdem der Sondereigentümer trotz Aufforderungen der WEG das Treiben seiner Pächter nicht unterbunden hatte.

Nach der mündlichen Verhandlung erster Instanz beantragte der Sondereigentümer einen Gestattungsbeschluss für die baulichen Veränderungen, der aber durch Beschluss abgelehnt wurde.   

Der auf Rückbau verklagte Sondereigentümer legte Berufung ein und erhob in der Berufungsinstanz Widerklage auf Gestattung der baulichen Veränderung im Wege der Beschlussersetzungsklage.

 

 

Entscheidungsgründe

Der Bundesgerichtshof entschied nun in 3. Instanz unter Az. V ZR 1/24 am 21.03.2025:

Der WEG steht gegen den Sondereigentümer ein Anspruch auf Beseitigung ungenehmigter Umbauten aus § 1004 BGB zu. Das ab 1.12.2020 reformierte WEG ist auf sämtliche baulichen Maßnahmen anzuwenden, die ab diesem Zeitpunkt vorgenommen worden sind. Ohne Gestattung handelt es sich um eine rechtswidrige Eigentumsbeeinträchtigung.

Der verpachtende Sondereigentümer ist beseitigungspflichtiger mittelbarer Handlungs-Störer. Eine solche Haftung für Handlungen des Mieters / Pächters ist in 3 Fällen anzunehmen:

  1. Der Eigentümer hat seinem Mieter die baulichen Veränderungen erlaubt. oder
  1. Der Eigentümer musste mit baulichen Veränderungen aufgrund der Nutzungsabsicht des Mieters rechnen und hat ihn dennoch nicht darauf hingewiesen, dass ein Gestattungsbeschluss erforderlich ist.oder
  1. Der Eigentümer unterlässt es, gegen den Mieter einzuschreiten, obgleich er von der Baumaßnahme Kenntnis hat.

 

Selbst wenn der Sondereigentümer einen Anspruch auf Gestattung hat, kann er diesen nicht einredeweise dem Unterlassungs- und Beseitigungsverlangen der WEG entgegenhalten – anders nach früherer Rechtslage. Der Gesetzgeber will die Beteiligten dazu zwingen, vor einem Umbau zunächst einen Beschluss herbeizuführen, durch den die Gemeinschaft über das Vorhaben informiert wird, damit Prüfungsmöglichkeiten bestehen, Alternativen und Vorgaben erwogen werden können und durch den der Bauwillige letztlich auch Rechtssicherheit erlangt.

Erforderlichenfalls muss der bauwillige Eigentümer den Negativbeschluss anfechten und Beschluss-ersetzung beim Amtsgericht geltend machen. Diese Beschlussersetzungsklage muss dann spätestens als Widerklage erhoben werden, wenn die Beseitigungsklage in erster Instanz rechtshängig ist.

Die trennbaren baulichen Maßnahmen, die vor Inkrafttreten der WEG-Reform 2020 vorgenommen worden waren, sind rechtlich aber nach alter Rechtslage zu beurteilen: Hier kann der auf Rückbau verklagte Eigentümer einredeweise den Anspruch auf Gestattung erheben und so die Beseitigungsklage erfolgreich abwehren. Das Gericht muss dann prüfen, ob ein Gestattungsanspruch vorliegt. Das kann für die Entfernung der tragenden Wand durchaus der Fall sein, wenn ein Nachweis für eine statische Unbedenklichkeit erbracht wird und sich die Wand innerhalb des abgeschlossenen Sondereigentums befindet.

 

Noreen Walther
Rechtsanwältin

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