>

Kein unbeschränktes Zugangsrecht des Architekten nach Fertigstellung des „Werkes“

Ein Architekt war mit der Planung beauftragt, ein Wohngebäude grundlegend umzugestalten. Im Rahmen des Vertrags hat er sich das Recht vorbehalten, nach Beendigung des Auftrages das umgebaute Wohngebäude jederzeit betreten zu dürfen. Zu Recht?

 

Sachverhalt

Im Jahr 2013 beauftragte ein Auftraggeber einen Architekten mit der Planung über die Umgestaltung eines Wohnhauses. Im Architektenvertrag wurde vereinbart: „Der Auftragnehmer ist berechtigt – auch nach Beendigung dieses Vertrages – das Bauwerk oder die bauliche Anlage in Abstimmung mit dem Auftraggeber zu betreten, um fotografische oder sonstige Aufnahmen zu fertigen.“ Zwischenzeitlich wurde das Bauwerk fertiggestellt.

Daraufhin verlangte der Architekt im Jahr 2018, unter Bezugnahme auf die vereinbarte Zutrittsklausel Zutritt zum Gebäude. Der Auftraggeber kam dem Begehren nicht nach, sodass der Architekt den vertraglichen Duldungsanspruch gerichtlich durchsetzen wollte. Das Amtsgericht Stuttgart kam dem Begehren des Architekten nach und verurteilte den Auftraggeber antragsgemäß. Hiergegen wehrte sich der Auftraggeber mit Erfolg. Das Landgericht Stuttgart und nunmehr auch der Bundesgerichtshof urteilten, dass eine solche AGB-Klausel nicht wirksam vereinbart werden kann.

Rechtliche Würdigung

Das Landgericht und auch der Bundesgerichtshof sahen in der vereinbarten Klausel eine unangemessene Benachteiligung des Auftraggebers. Durch die Klausel wird die Eigentümerstellung und die damit verbundene Privatsphäre des Auftraggebers nicht genügend Rechnung getragen. Auch wäre es dem Auftraggeber nicht zumutbar, persönliche Gegenstände vor einer Besichtigung abzudecken. Die Klausel ist daher insgesamt unwirksam, mit der Folge, dass dem Architekten kein Zugangsrecht zusteht. Auch ergibt sich kein Zugangsrecht aus urheberrechtlichen Vorschriften, da es sich vorliegend nicht um ein schöpferisches Werk der Baukunst handele, sondern lediglich die technischen Regeln unter Beachtung der baulichen Gegebenheiten eingehalten wurden.

 

(Urteil des BGH vom 29.04.2021 – Az. I ZR 193/20)

 

 

Michelle Freitag

Rechtsanwältin

Praxistipp für eingeloggte Mandanten

Der Praxistipp steht eingeloggten Mandaten zur Verfügung.

Zum Login