Jahresabrechnung bei Verwalterwechsel im WEG
Das LG Dortmund hat im Hinweisbeschluss vom 05.10.2016 zu Az. 1 S 205/16 zur Zuständigkeit des Verwalters hinsichtlich der Erstellung der Jahresabrechnung bei Verwalterwechsel entschieden. Das Gericht schloss sich dabei der herrschenden Auffassung an. Demnach ist es Aufgabe des neuen, mit Beginn des Kalenderjahres bestellten Verwalters, die Jahresabrechnung für das vergangene Wirtschaftsjahr zu erstellen.
Voraussetzung ist die Fälligkeit der Abrechnungspflicht im Zeitpunkt des Verwalterwechsels. Die Fälligkeit tritt nicht bereits mit Ablauf des Wirtschaftsjahres ein, sondern erst nach Ablauf einer angemessenen Frist, die in der Regel 3 bis 6 Monate betrage. Hintergrund dieses Fristlablaufes ist der Umstand, dass erst in diesem Zeitraum die vollständigen Endabrechnungen der Zulieferer, Entsorger und Dienstleister vorliegen.
Das Gericht bekräftigt zudem, dass die Jahresabrechnung sowohl die Gesamtabrechnung als auch für jeden Eigentümer eine objektbezogene Einzelabrechnung enthalten muss, sowie die Angabe sämtlicher Anfangs- und Endbestände aller Bankkonten der Wohnungseigentümergemeinschaft erforderlich ist.
Problematisch ist die Auffassung des Landgerichts, in die Jahresabrechnungen seien nicht die tatsächlichen Ist-Vorauszahlungen, sondern die nach Plan geschuldeten Soll-Vorauszahlungen einzustellen, weil sich allein daraus die Abrechnungsspitze ergebe. Das Gericht verweist dabei auf die Entscheidung des BGH vom 09.03.2012 zu Az. V ZR 147/11 sowie vom 03.06.2011 zu Az. V ZR 171/11.
In diesen Entscheidungen spielten Rückstände aus Vorjahren (z. B. aus 2006 in der Jahresabrechnung für 2007), nicht aber die Frage der Ausweisung von Soll- und Ist-Vorauszahlungen im abzurechnenden Wirtschaftsjahr eine Rolle.
Nach h. A. ist die Abrechnung auf der Basis der tatsächlich auf den abzurechnenden Wirtschaftsplan geleisteten Vorauszahlungen vorzunehmen, also eine Ist-Abrechnung zu erstellen, vgl. BGH 04.12.2009, Az. V ZR 44/09 (zur Instandhaltungsrücklage); Bärmann/Pick WEG 2010 § 28 Rn. 16; Spielbauer ZWE 2011, 149; Beck´scher Onlinekommentar / Bartholome 2017 § 28 Rn. 66.
Dagegen ist umstritten, ob darüber hinaus auch die sog. Abrechnungsspitze in der Abrechnung anzugeben ist, vgl. dies. ebd. Wir empfehlen dies grds., da allein die Abrechnungsspitze – und nur insoweit ist dem LG zuzustimmen – durch die Jahresabrechnung neu begründet wird.
Beispiel zur Grundregel:
Wirtschaftsplan für WE 1 im Jahr 2016: mtl. 100 € x 12 = 1.200 €
Tatsächliche Kosten im Jahr 2016 1.500 €
Folge: Die Abrechnungsspitze, also die Differenz zwischen tatsächlichen und geschuldeten Beitragszahlungen, beträgt 300 € (1.500 abzgl. 1200 €). Die Abrechnungsspitze wird durch den Beschluss über die Jahresabrechnung 2016 erstmals begründet.
Ergeht der Beschluss bspw. im April 2017, so verjährt die diesbezügliche Forderung am 31.12.2020 (3 Jahre ab dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist – also 31.12.2017 + 3 Jahre = 31.12.2020).
Hat der WE 1 im November und Dezember 2016 auch sein monatliches Hausgeld nicht gezahlt, beträgt der Rückstand aufgrund des Wirtschaftsplans 2016 insgesamt 200 €. Dieser Anspruch ist 2016 entstanden und fällig geworden und verjährt somit schon zum 31.12.2019 (31.12.2016 + 3 Jahre). Würde über diesen Rückstand nochmals in der Jahresabrechnung mit beschlossen, würde sich die WEG z. B. einen Verjährungsvorteil verschaffen.
Die Ist-Abrechnung muss aber zwangsläufig die Rückstände mit ausweisen. Das Dilemma wird durch nachvollziehbare Darstellung und Erläuterung aufgelöst.
Die Gesamtnachforderung beträgt in unserem Beispielsfall 500 € (200 € aus Wirtschaftsplan 2016 und 300 € als Abrechnungsspitze). Diese wird ebenso mitgeteilt wie klargestellt, dass sich die 200 € bereits aus dem Wirtschaftsplan ergeben und somit nicht nochmals mit beschlossen werden (informatorisch).
Die Art und Weise Darstellung ist gesetzlich nicht normiert und demgemäß umstritten. Eine laienhaft nachvollziehbare – und damit zwangsläufig zum Zahlenwerk eine Erläuterung umfassende – Abrechnung wird aber höchst selten angefochten. Das erfordert allerdings vom Verwalter, dass er sich seiner Haus-Software nicht ergibt sondern individuell erforderliche Anpassungen vornimmt.
Noreen Walther
Rechtsanwältin
Aktuelle Informationen Nr. 18/2017
Rechtsanwälte Strunz ♦ Alter, Chemnitz