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Heizkostenverordnung lässt keine Rohrwärmekorrektur bei ungedämmten Rohrleitungen unter Putz zu

Der für das Mietrecht zuständige Senat des Bundesgerichtshofs hat in einem Urteil vom 15.03.2017 (VIII ZR 5/16) entschieden, dass eine Korrektur von Erfassungsergebnissen bei Rohrwärmeverlusten nicht zulässig ist, wenn wesentliche Anteile der Wärme nicht erfasst werden, weil sie über ungedämmte Rohrleitungen abgegeben werden, die unter Putz oder im Estrich verlegt sind.

Hintergrund

Nach § 7 Abs. 1 S. 3 HeizKV kann „in Gebäuden, in denen die freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt sind und deswegen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs nicht erfasst wird“, der Wärmeverbrauch der Nutzer nach anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden. Der so bestimmte Verbrauch der einzelnen Nutzer wird dann als erfasster Wärmeverbrauch in der Abrechnung berücksichtigt.

Die auch in der Gesetzesbegründung bereits in Bezug genommene Regel der Technik ist die VDI 2077 – Beiblatt Rohrwärme. Diese enthält entgegen § 7 Abs. 1 S. 3 HeizKV selbst keine Anwendungseinschränkung auf freiliegende Leitungen.

Sowohl die Vorinstanzen (AG Dresden und LG Dresden), als auch eine beachtliche Anzahl weiterer Gerichte hatte die analoge Anwendbarkeit der anerkannten Regeln der Technik auch für den Fall angenommen, dass die wärmeabgebenden Rohre unter Putz oder im Estrich verlegt sind.

Dies wurde auf das Argument einer Analogie gestützt. Eine analoge Anwendung einer Norm setzt voraus, dass eine planwidrige Regelungslücke in der Norm besteht. Die Gesetzeslücke muss sich also aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Normgebers von seinem – dem konkreten Normierungsvorhaben zugrundeliegenden – Regelungsplan ergeben.

Der BGH geht in seiner Entscheidung davon aus, dass der Verordnungsgeber die VDI 2077 – Beiblatt Rohrwärme – kannte und daher wusste, dass diese eine Anwendbarkeit auch bei nicht sichtbar im Estrich beziehungsweise unter Putz geführten Leitungen vorsah. Dennoch habe sich der Normgeber für die Einschränkung auf freiliegende Leitungen entschieden.

Folgen der Entscheidung

Für eine erhebliche Anzahl von Wohnungen und Liegenschaften, bei denen nicht bzw. nicht ausreichend gedämmte Leitungen unter Putz oder im Estrich verlegt sind und deshalb ein wesentlicher Anteil der Wärme nicht erfasst wird, ist nach der Rechtsansicht des BGH eine Korrektur der Erfassungswerte nach den Regeln der Technik ausgeschlossen. Ein wesentlicher Anteil ungemessener Rohrwärme ist nach der einschlägigen Definition anzunehmen, wenn der Verbrauchswärmeanteil (der Anteil der erfassten Heizwärme) unter 0,34 liegt.

In diesen Fällen kann eine verbrauchsabhängige Abrechnung nach der stetigen Rechtsprechung nicht erfolgen, da die Verbrauchserfassung nicht plausibel ist (vgl. LG Meiningen Urteil v. 23.09.2002, 6 S 169/00).

Es bleibt für die Liegenschaften nur eine Abrechnung nach Wohnfläche gemäß § 9a Abs. 2 HeizKV. Darüber hinaus kann zumindest von Mietern ein Strafabzug in Höhe von 15 % des Abrechnungsergebnisses gemäß § 12 Abs. 1 HeizkV vorgenommen werden (vgl. LG Dresden, Urteil vom 06.02.2009, Az.: 4 S 91/08).

Einordnung und Kritik

Leider hat der BGH bei seiner Entscheidung die Rechtsfolgen nicht in seine Überlegungen einbezogen. Er ist davon ausgegangen, dass dem Normgeber der Heizkostenverordnung ein weiter Ermessensspielraum dahingehend zustand, welche Rohrleitungen in die Verbrauchserfassung und Abrechnung einzubeziehen sind.

Er hat dabei außer Betracht gelassen, dass Sinn und Zweck der Ermächtigungsnorm in § 3a Satz 1 Nr. 2 Energieeinspargesetz die Energieeinsparung durch die verbrauchsgerechte Beteiligung der Nutzer einer Heizungsanlage an deren Kosten ist (vgl. dazu noch die Enzscheidung zur Differenzabrechnung bei Nutzergruppen BGH, Urteil vom 20. Januar 2016 – VIII ZR 329/14). Wenn nun ein erheblicher Anteil von solchen Heizungsanlagen nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden kann, verfehlt der Normgeber Sinn und Zweck der Ermächtigungsnorm.

Martin Alter

Rechtsanwalt

Aktuelle Informationen der Kanzlei Strunz – Alter

Ausgabe 20/2017